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Mit „Shanghai“ ist Regisseur Mikael Håfström ein atmosphärisches und stimmiges Stück Film gelungen, dem es leider an schauspielerischer Tiefe mangelt: John Cusack ist als Spion zu durchsichtig.

Man sieht so etwas nicht mehr oft im Kino: einen Film, der 1941 spielt und so aussieht, als sei er kurz danach in der Blütezeit des Film noir auch gedreht worden. Dicht ist die Atmosphäre in „Shanghai“, düster das Netz von Verschwörung und Lüge, in ständiges Halbdunkel getaucht die schattenhaften Bilder aus einer in Sektoren geteilten Stadt. Man denkt unvermittelt an die Stimmung von „Casablanca“, nur dass hier die Farbgestaltung alles noch intensiver spüren lässt.

Mit der Ausstrahlung eines Humphrey Bogart allerdings kann John Cusack in Mikael Håfströms Film nicht konkurrieren. Er spielt zwar den amerikanischen Spion Paul Soames, der nach Shanghai gekommen ist, um den Mord an seinem besten Freund aufzuklären. Doch für einen Mann mit dieser Profession spielt Cusack seine Rolle derart durchsichtig, dass für etwaige Geheimnisse kein Platz mehr ist. Selbst seine Affäre mit der Widerstandskämpferin Anna (Gong Li) kann nicht prickelnd zu Hilfe kommen, weil bei den Treffen der beiden von knisternder Leidenschaft eher wenig spürbar wird.

Ein glattes politisches Parkett

Die Geschichte des Films ist daneben nicht schlecht ausgedacht. Shanghai wirkt hier wie das Beutestück gleich mehrerer Interessengruppen. Vor allem steht zu befürchten, dass die Japaner ernst machen und die Stadt im Handstreich übernehmen. Es ist also ein glattes politisches Parkett, auf dem Paul sich bewegt. Um den Halt nicht zu verlieren, sucht er in dem zwielichtigen chinesischen Gangster Anthony Lan-Ting (Chow Yun-Fat) eine Bezugsperson mit starkem Einfluss. Dass Anna sich als Ehefrau ausgerechnet dieses Mannes entpuppt, belastet die Beziehung der beiden Männer auf Dauer doch sehr.

Die Dämme brechen, als endlich klar wird, dass der tote Freund des Protagonisten offenbar zu viel über die Kriegsvorbereitungen der Japaner in Erfahrung gebracht hat. Dem Kalender nach ist es noch eine Woche bis zum Angriff japanischer Flugzeuge auf den US-Stützpunkt Pearl Harbor und dem darauf folgenden Kriegseintritt der USA. Ganz nebenbei also schafft es Håfström („The Rite – Das Ritual“) auf diese Weise, ein wichtiges geschichtliches Ereignis aus einem ganz ungewöhnlichen Winkel zu thematisieren, ohne es abbilden zu müssen.

Den Thriller verpasst

Trotzdem wird „Shanghai“ nie wirklich zu dem Thriller, den Regie und Drehbuch vielleicht im Sinn hatten. Noch am aufregendsten sind die letzten Szenen, wenn Paul Soames und Anna unter falschen Namen auf ein Flüchtlingsschiff gelangen wollen und plötzlich einem japanischen Geheimdienstoffizier gegenüberstehen, der beide nur zu gut kennt.