Essen. .
Vier Jahre ist es her, seit Johnny Depp als Pirat Jack Sparrow zuletzt auf der Kinoleinwand zu sehen war – in einem langen und letztendlich sehr öden dritten Teil der „Pirates of the Caribbean“-Serie. Regisseur Rob Marshall und Penélope Cruz sollen bei Teil vier nun für frischen Wind sorgen.
Es gibt kaum eine Kinoserie, bei der Einspielergebnis und Ruf derart weit auseinanderklaffen wie bei „Pirates of the Caribbean“. Disney wird nicht müde, uns die 2,7 Milliarden Dollar vorzurechnen, mit denen die ersten drei Filme gemeinsam durchs Ziel gingen. Doch die Geschichte um den tuntigen, nuschelnden Freibeuter Jack Sparrow in Gestalt von Johnny Depp wurde mit jedem Film zäher, unübersichtlicher und endloser. Was 2003 unter der Regie von Gore Verbinski als erfrischende Wiederbelebung eines längst zu Grabe getragenen Filmgenres begann, das endete 2007 als knapp dreistündige Leistungsschau, die pausenlos CGI-Effekte auffuhr, aber nichts mehr zu erzählen hatte.
Nun hat Rob Marshall („Chicago“) als Regisseur die Kommandobrücke erklommen, wohl wissend, dass der Kurs neu justiert werden muss. Was ihm mit „Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten“ denn auch zumindest teilweise gelingt. Immerhin hat dieser Film endlich wieder ein Ziel – die Suche nach dem sagenumwobenen Jungbrunnen in Südamerika. Und mit Penélope Cruz als ebenso schlagkräftiger wie schlagfertiger Piratin Angelica auch eine Figur, die sich Johnny Depp in jeder Beziehung als ebenbürtig erweist. Zumal der seinem Jack Sparrow nichts mehr hinzuzufügen hat, sondern lediglich die Standards aus den früheren Filmen abruft.
Die Piraten sind wieder los!
Die Träne einer Meerjungfrau
Gleich mehrere Parteien gelangen in den Besitz des notwendigen Kartenwerks, um sich Chancen auf die Entdeckung des magischen Ortes ausrechnen zu können. Die Spanier schicken eine Expedition auf den Weg, dito die britische Krone – und nicht zuletzt auch einschlägig bekannte Piraten wie Blackbeard (Ian McShane), Hector Barbossa (Geoffrey Rush) und Jack Sparrow. Man könnte fast von einer Sternfahrt sprechen, auf die am Ende jedoch noch ein paar Formalitäten warten: Wer die Wirkung des Brunnens tatsächlich genießen will, braucht zwei ganz bestimmte Trinkbecher sowie, was sich als noch etwas schwieriger erweist, die Träne einer Meerjungfrau.
Die Einführung dieser attraktiven Spezies von Ozeanbewohnern gibt dem Piratenstück mit gelegentlichem Hang zum Dahindümpeln an entscheidender Stelle einen neuen Kick. Es handelt sich um ebenso schöne wie gefährliche Wesen der Tiefe, deren scharfe Zähne schon darauf verweisen, dass sie Seefahrer auf sehr eindeutige Weise zu vernaschen gedenken. Allem Gebiss zum Trotz gelingt es Käpt’n Blackbeard jedoch tatsächlich, eines dieser Schwanzwesen einzufangen. Schon bald haben wir wieder echte Romantik, denn der im Tross mitreisende Missionar Philip (Sam Claflin) verliebt sich unsterblich in diese Syrena (Astrid Bergès-Frisbey) und sucht verzweifelt nach einer Zukunft für zwei Wesen aus völlig gegensätzlichen Lebensumfeldern. Wenn die Sucher nach ewiger Jugend schließlich am Ort ihres Begehrens angekommen scheinen, werden auch die unterschiedlichen Motive deutlich, deretwegen man angereist ist. Vor allem in Bezug auf die katholischen Spanier hält das Drehbuch dabei noch eine hübsche Pointe bereit.
Totenschädel Keith Richards schaut als Vater wieder vorbei
Fremder Sparrow
Jack Sparrow klingt plötzlich ganz fremd. Anders als in den Teilen 1 bis 3 leiht nun David Nathan dem Schauspieler Johnny Depp die deutsche Stimme. Nathan ist eigentlich Depps Stammsynchronsprecher. Doch bislang hatte Marcus Off den Piratenkapitän gesprochen.
Zu Beginn des Films, wenn Sparrow mal wieder von ganz London gehetzt wird, trifft der Pirat erneut auf seinen Vater, dem der alte Totenschädel Keith Richards nun zum zweiten Mal Gestalt verleiht. Ob er den Jungbrunnen schon einmal erblickt habe, fragt der Sohn. Sein Gegenüber lächelt. „Schau in mein Gesicht“, befiehlt er dem Sprössling. „Sehe ich so aus, als sei ich auch nur in der Nähe von so etwas gewesen?“ Der Film dauert von da an noch lange. Einen besseren Dialog aber gibt es nicht mehr.