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Dem deutschen Oscar-Preisträger Henckel von Donnersmarck ist mit „The Tourist“ kein zweites Meisterwerk gelungen – trotz der Star-Besetzung mit Angelina Jolie und Johnny Depp. Selbst deren Film-Affäre bleibt wenig glaubhaft.
Wenn Angelina Jolie als Elise mal wieder eines der noblen Hotels verlässt, in denen sie in „The Tourist“ abzusteigen pflegt, ist das stets ein mondäner Auftritt. Dann erinnert ihre edle Kleidung an die Givenchy-Kreationen, die Audrey Hepburn einst in „Charade“ getragen hat. Und wenn sie sich selbst an kühlen Tagen schulterfrei per Boot auf einen venezianischen Ball begibt, dann erinnert ihre Garderobe stark an die von Sophia Loren in „Arabesque“.
Der Regisseur, der sich derart genau an die filmischen Verwirrspiele eines Stanley Donen erinnert, heißt Florian Henckel von Donnersmarck. Gleich nach seinem Oscar für „Das Leben der Anderen“ nach Los Angeles umgezogen, hat es weit über drei Jahre gedauert, bis nun seine erste US-Produktion ins Kino kommt. Einige Projekte hat er abgelehnt, warum er „The Tourist“ dann tatsächlich übernommen hat, bleibt rätselhaft. Die Vorlage ist ein wenig bekannter französischer Thriller, der bei uns als „Fluchtpunkt Nizza“ lediglich im Fernsehen zu sehen war und dessen Handlung selbst beim zweiten Sehen wenig Sinn ergibt.
The Tourist
Was bleibt, ist der Oberflächenreiz der Handlungsorte und die Starpower der Hauptdarsteller
Den hat man auch in der US-Version nicht so recht entdeckt, obwohl mit Christopher McQuarrie und Julian Fellowes zwei weitere Oscar-Preisträger am Drehbuch beteiligt waren. Was bleibt, ist der Oberflächenreiz der luxuriösen Handlungsorte und die Starpower der Hauptdarsteller – neben Jolie tummelt sich auch noch Johnny Depp und versucht sich an einer glaubhaften Liebesaffäre mit seiner Partnerin. Vergeblich.
Depp spielt den Amerikaner Frank, daheim offenbar Mathe-Lehrer in der Provinz. In einem Zug nach Venedig wird er plötzlich von der schönen Elise angesprochen. Man isst im Zug zu Abend, später nimmt sie ihn mit in ihr Hotel und lässt ihn auf dem Sofa übernachten. Einmal küsst sie ihn sogar, fast demonstrativ, vor dem geöffneten Fenster. Von da an hat Frank keine ruhige Minute mehr, weil alle Welt hinter dem Touristen her zu sein scheint – die Polizei mehrerer Länder und der britische Gangster Reginald Shaw samt Killer-Entourage.
Selbst eine Verfolgungsjagd über Venedigs Dächer wirkt eher peinlich
Alle halten Frank für den gesuchten Alexander Pearce, der seinen einstigen Arbeitgeber Shaw um 2,3 Milliarden (!) Dollar erleichtert hat und dem britischen Fiskus noch 744 Millionen Pfund schuldet. Von Pearce ist wenig bekannt, nur dass er mit Elise ein Verhältnis pflegt. Das macht aus jedem Mann in ihrer Nähe einen Verdächtigen. Wo oder wer ist Pearce tatsächlich?
Einer wie Stanley Donen hat solche Charaden mit Witz und Leichtigkeit inszeniert. Henckel von Donnermarck kann mit solchen Begriffen nichts anfangen. Bei ihm wirkt selbst eine Verfolgungsjagd über Venedigs Dächer eher peinlich, wenn Frank dabei seinen Schlafanzug tragen muss. Und vergebens wartet man auf ein Prickeln zwischen den Stars, als wage Depp sich nicht in die Nähe der Lichtgestalt Jolie, deren Kleider nie Falten bekommen und deren Make-up stets perfekt sitzt.
Dafür erleben wir einen europäischen Autorenfilmer, der die Hektik des amerikanischen Filmschnitts ablehnt. Lange Einstellungen, wenig Kamerabewegung, man hätte also genügend Zeit, sich auf die Einstellungen zu konzentrieren. Pech ist nur, dass man sich später kaum an bestimmte Bilder erinnern. Nur an diese Auftritte von Frau Jolie.