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„Der Plan“ läuft ab Donnerstag in den deutschen Kinos. Als Philip K. Dick die Vorlage dafür schrieb, aß er aus Geldnot manchmal Hundefutter. Heute wäre der Autor von „Blade Runner“ & Co. ein reicher Mann.
65 Millionen Dollar beträgt das Budget des Films „Der Plan“, der mit Matt Damon und Emily Blunt in den Hauptrollen am 10. März in die Kinos kommt. Er basiert auf einer Kurzgeschichte, die Philip K. Dick Mitte der 50er schrieb. Zu dem Zeitpunkt lebten er und seine Frau von 90 Dollar im Monat. Manchmal aßen sie Hundefutter. Heute wäre Dick ein reicher Mann. 29 Jahre nach seinem Tod wird sein Back-Katalog geplündert wie kaum ein anderer Geschichtenschatz.
Neben „Der Plan“ werden derzeit vier weitere Dick-Geschichten verfilmt. Da wäre zum Beispiel „Radio Free Albemuth“, nach dem posthum erschienenen Roman aus den 80ern. Außerdem eine Neuverfilmung von „Total Recall“ sowie die Adaption des Telepathie-Romans „Ubik“ (Regie: Michel Gondry). Schließlich kommt noch eine Fernsehserie hinzu, die auf Dicks vermutlich bestem Buch, „The Man in the High Castle“ („Das Orakel vom Berge“) basiert und das vom Sieg der Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg handelt.
An Material wird es auch in Zukunft nicht mangeln. Dick galt als Vielschreiber, und sein Nachlass ist noch nicht einmal vollständig veröffenlicht. So erscheint demnächst eine 8000 Seiten starke Autobiografie namens „Exegesis“. Der Titel kommt nicht von ungefähr. Der Autor versuchte darin vor allem, seine religiösen Visionen aus den 70er Jahren zu interpretieren (ein Thema, das durch viele von Dicks Spätwerken weht).
Der PlanVon „Total Recall“ über „Minority Report“ und „Paycheck“ bis zu „Blade Runner“
Um sich klarzumachen, wie sehr dieser Autor ins (pop)kulturelle Unterbewusstsein eingedrungen ist, muss man sich nur die vielen Verfilmungen anschauen, durch deren Filter Dicks Vision ein Massenpublikum erreicht hat – von „Total Recall“ über „Minority Report“ bis zu „Paycheck“. Ganz oben türmt natürlich „Blade Runner“. Der Autor selbst konnte diesen Klassiker nur noch in Vorab-Ausschnitten sehen. Er war begeistert. Wahrscheinlich ahnte er, dass seine Zeit als mittelloser Autor vorbei sein würde. In einem Brief an den Produzenten schrieb er: „Ich glaube, dass wir gemeinsam eine einzigartige künstlerische Ausdrucksform geschaffen haben, die man so noch nie gesehen hat. Blade Runner wird unsere Vorstellung davon, was Science Fiction ist, oder vielmehr: sein kann, revolutionieren.“
Ein halbes Jahr später war Dick tot. Die Revolution hat er nicht mehr erlebt. All das Geld für seine Geschichten, es kam posthum. In der Hinsicht war er der van Gogh der Science Fiction.
Philip K. Dicks Welt ist noch paranoider als die Kafkas
Vielleicht dachte Philip K. Dick einfach zu weit voraus, um zu Lebzeiten berühmt zu sein. Vielleicht hallen seine Obsessionen erst heute wirklich nach: all die Simulationen, Täuschungen, falschen Identitäten und Verschwörungen. Die Welt des Philip K. Dick ist eine paranoide, sogar noch paranoider als die Kafkas. In dessen Romanen wissen die Charaktere zumindest, wer sie selbst sind. Nicht so bei Dick.
Ein paar Beispiele: Ist Deckart aus „Blade Runner“ selbst ein Replikant? Sind die Erinnerungen von Douglas Quaid in „Erinnerungen en gros“ (verfilmt als „Total Recall“) nur implantiert? Ist der Atomkrieg an der Oberwelt schon seit Jahren vorbei und wenn ja, wer gaukelt den Bunkerbewohnern etwas anderes vor („Zehn Jahre nach dem Blitz“)? Lebt Mr Tagomi in „Das Orakel vom Berge“ in der falschen Version der Geschichte?
Ohne Dicks Einfluss wäre „Die Matrix“ nicht denkbar
Es ist schlicht unmöglich, Filme aus dem die-Welt-ist-nicht-so-wie-sie-scheint-Genre zu schauen, ohne den Einfluss von Dick zu erkennen. Blockbuster wie „Die Matrix“, „12 Monkeys“ oder „The Thirteenth Floor“ sind ohne ihn nicht denkbar.
Wenn es stimmt, dass wir in einem Zeitalter von Verschwörungstheorien leben (von 9/11-Mythen bis zur „Alternativgeschichte“ des „Da Vinci Code“), dann kann man den späten und umfassenden Erfolg von Philip K. Dick erklären. Seine Protagonisten irren durch eine Welt, die von andern unsichtbar manipuliert ist – „Der Plan“ ist archetypisch für diese Art von Story. Ob es ein Zeichen von sozio-psychologischer Gesundheit ist, dass Dicks Verschwörungsvisionen derzeit so allgegenwärtig sind, sei einmal dahingestellt. Als Fiktion sind sie faszinierend. Vielleicht reicht das auch als Grund.