Berlin..

Mit demWestern „True Grit“ mit Jeff Bridges und Matt Damon sind die Regisseure Ethan und Joel Coen für zehn Oscars nominiert. Jetzt läuft er in den deutschen Kinos an. Ein Treffen mit dem merkwürdigsten Bruderpaar aus Hollywood.

Die Coen-Brüder sind die erfolgreichsten Sonderlinge von Hollywood. Genies für die einen, für die anderen überbewertete Freaks - aber sie haben nun mal ein paar Filme gemacht, an denen keiner vorbei kann. Diese Woche kommt der für zehn Oscars nominierte Western  "True Grit" in die deutschen Kinos. Und die Coen-Brüder waren gerade auch da.

Beim Interviewtermin im Berliner „Hotel de Rome“ sitzen elf Journalisten und warten. Das Management von Joel und Ethan Coen hat zwanzig Minuten eingeräumt, für beide zusammen. Macht für jeden Journalisten weniger als eine Minute pro Bruder. Bei Fritz und Elmar Wepper gäbe es jetzt Ärger, bei den Coens nimmt man, was man kriegt. Und die Rechnung geht am Ende sowieso anders auf: Der 56-jährige Joel Coen ist hier derjenige, der meistens redet, sein drei Jahre jüngerer Bruder Ethan sitzt daneben und bohrt sich mit dem Werbebleistift des Hotels Löcher in die Oberlippe.

 „Ist der Film eigentlich ein Frauenwestern?“ fragt es aus der Runde. Schließlich ist die Erzählerin das in die Jahre gekommene Mädchen Mattie, um dessen Rachefeldzug es geht, gegen den Mörder ihres Vaters, damals in den Bergen von Arkansas. „Ähm“, macht Joel, der gerne durch halb geschlossene Lider irgendetwas schräg oben an der Zimmerdecke beobachtet. „Ein Frauenwestern, yeah“, sagt sein Bruder Ethan am Bleistift vorbei. Die Aufnahmegeräte der Journalisten blinken ratlos. „Nun“, sagt Joel dann doch noch. „Da spricht ein Kind, aber eigentlich ist dieses Kind der einzige Erwachsene in der Runde.“ Yeah.

Jeff Bridges Cowboy-Spiele

Eine Stunde zuvor hat Hauptdarsteller Jeff Bridges (Marschall Rooster Cogburn) vor den Mikros gesessen, sein kehliges Kichern gekichert und erzählt, wie er als Kind Cowboy gespielt hat. Dann kam Josh Brolin (sein Gegenspieler Tom Chaney) und hat sich über das Wesen der perfekten Zabaione ausgelassen. Und schließlich war die 14-Jährige Hailee Steinfeld (Mattie) da und hat ein paar Kübel Jungmädchen-Charme über den Mikros ausgeschüttet.

Die Coens dagegen liefern ihre Coen-Show. Sperrig, manchmal extrem trocken, aber nicht unsympathisch. Mitten hinein ins Deutungsgewitter der Journalisten (Renaissance der Selbstjustiz? Therapiestunde für die amerikanische Seele? Kindheitsmuster?) sagt Ethan Coen und grinst: „Man kann den Film jedenfalls diesmal nur schwer mit unserer Biographie in Beziehung setzen.“ Die Coens: eine jüdische Familie aus Minneapolis, die Mutter Professorin für Kunstgeschichte, der Vater Professor für Wirtschaft. Ethan hat in Princeton mit einer Arbeit über Wittgenstein abgeschlossen, Joel hat an der New Yorker Uni Film studiert. Mit dem Wildwest-Prekariat des Films haben sie nicht wirklich etwas gemein.

Die Frage nach der aktuellen Relevanz

Ob es denn in „True Grit“ wenigstens eine Beziehung zur Finanzkrise gebe - das erschütterte Amerika will zurück zu den Wurzeln, und so weiter? „Ach je, nein!“ stöhnt Joel. „Wir haben überhaupt nicht über die aktuelle Relevanz nachgedacht.“ Angeblich haben die Coens auch die erste Verfilmung von 1969 mit John Wayne als Marschall Cogburn zum letzten Mal als Kinder gesehen. Beim Vorlesen mit seinem Sohn gefiel Joel dann die Buchvorlage von Charles Portis so gut, dass er einen Film daraus machen wollte.

„Warum?“ fragt ein Journalist. Joel öffnet die Augen: „Wie jetzt: warum?“ „Nun, Sie sagten doch gerade, dass das Buch....“ „Also was jetzt: Warum es ein gutes Buch ist, oder warum man daraus einen Film machen kann?“ „Ja“, sagt der Journalist erschöpft. „Okay, das ist lustig. Weil sie damals ja schon mal einen Film daraus gemacht haben.“ Die Coens lachen, die Journalisten schauen besorgt auf die Uhr.

Noch eine Frage. John Wayne trägt im Film seine Augenklappe auf dem linken, Jeff Bridges auf dem rechten Auge. Die Journalisten wittern eine kryptische Botschaft. Die Coens winken ab. „Jeff hat einfach ausprobiert, auf welcher Seite es weniger unangenehm wäre.“ Na, dann. Danke für das Gespräch, Jungs.