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Improvisation ist nicht alles, aber wichtig beim einzigen Sinfonieorchester Zentralafrikas. „Kinshasa Symphony“ erzählt davon, wie auch Angelschnüre und Metallfelgen helfen können, Beethoven zu huldigen.

Armand Diangienda, der Dirigent, ist gelernter Pilot. Joseph, der Bratschist, arbeitet als Friseur, der sich glücklicherweise auch auf die Behebung kleinerer Stromausfälle versteht. Und Bahati, die Flötistin, hat als alleinerziehende Mutter auf Wohnungssuche eigentlich anderes zu tun, als Beethovens „Freude schöner Götterfunken” zu beschwören. Trotzdem kommt sie wie jeden Nachmittag zur Probe in eine stickige, enge Mehrzweckhalle, die europäischen Spitzenorchestern nicht nur den Schweiß auf die Stirn, sondern die Tränen in die Augen treiben würde. Reden wir also nicht über exzellente Akustik, reden wir nicht über tonmalerische Brillanz. Reden wir über die mitreißende Begeisterung, die das einzige Symphonieorchester Zentralafrikas in jeden Ton gießt, und sei er noch so schräg.

Selbstgeschnitztes Cello

„Kinshasa Symphony”, der Dokumentarfilm von Claus Wischmann und Martin Baer weiß diese Begeisterung in jedem Bild einzufangen. Wischmann, geborener Wittener, studierter Pianist, hat viele Monate in der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongos verbracht, einem der ärmsten Länder der Erde. Er hat den Orchestermitgliedern, allesamt Laien, bei den Proben zugehört. Er hat zugesehen, wie sie ihre Celli aus Holz schnitzen, wie sie gerissene Geigensaiten mit Angelschnüren er­setzen und die Glocke mit der Metallfelge eines Kleintransporters.

Er hat Bahati auch bei der Wohnungssuche in eines der der schäbigen, völlig überteuerten Betonlöcher der Stadt begleitet und zeigt den Dirigenten Diangienda, Mitglied der Kimbanguisten, einer großen christlichen Kirche im Kongo, beim Gottesdienst. Herausgekommen ist ein vielschichtiges Klangporträt von Land und Leuten.

Heute kommt der Film in die Kinos. Er erzählt davon, wie viel Hoffnung, wie viel Stolz im Einstudieren einer klassischen Musikpartitur liegen können: Beethovens „Neunte“ als Triumph über Armut, Korruption, Hunger.

„Wenn ich Beethoven singe, dann bin ich ganz weit fort und ganz bei mir”, sagt eines der Chormitglieder. Den Satz „Alle Menschen werden Brüder“ haben sie sich bei den Proben mit Kreide auf die Tafel geschrieben.