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Mit einer Neufassung von „Robin Hood“ mit Cate Blanchett und Russell Crowe in den Hauptrollen wird das internationale Filmfest von Cannes am Mittwoch eröffnet. Ridley Scott will mit seinem neuen Film die Vorgeschichte zum eigentlichen Kino-Mythos liefern.
Es gibt Legenden, die werden irgendwann auch zu Filmlegenden. Robin Hood ist so eine mythische Gestalt, von der wir aus dem Kino so unsere eigene Vorstellung haben. Am stärksten geprägt wurde sie zweifellos durch Errol Flynn, 1938 eine behände Waldgestalt mit Technicolor-grünem Wams, der sein räuberisches Tun im Dienste des gemeinen Volkes immer auch ganz spielerisch aussehen lassen konnte. Gegen diesen tänzerischen Action-Helden nimmt sich Russell Crowe in Ridley Scotts neuem „Robin Hood” zugegeben ein wenig kompakt und mit 46 Jahren auch ein wenig alt aus.
Aber Scott geht es in seinem Film ja auch gar nicht um die Legende, von der schon John Ford sagte, dass sie das einzig Wahre sei. Er hat einen Film gedreht in vorwiegend irdenen Farben, der so etwas sein soll wie die Vorgeschichte zum späteren Dasein Robins als Gesetzloser im Sherwood Forest. Sein Film verhält sich wie ein auf Realität getrimmter Spätwestern zu Karl Mays „Winnetou”: Alles ist echt dreckig, manchmal auch echt fies. Wenn man beispielsweise fürstlich tafelt, muss man schnell sein, sonst haben die Ratten schon alles abgeräumt.
Ridley Scott will das Unmögliche
Ridley Scott („Gladiator”) will das Unmögliche – einen historisch verankerten Film über eine fiktive Figur, die möglicherweise nur ein Konstrukt aus den Wünschen des Volkes darstellt. Anfangs operiert er dabei mit Jahreszahlen, die tatsächlich stimmen: 1199 kommt Englands König Richard Löwenherz in Frankreich ums Leben, wo er sich, zurückgekehrt von einem zehnjährigen Kreuzzug, plündernd in Richtung Heimat durchschlägt. In seinem Gefolge befindet sich auch ein gewisser Robert Longstride, der nach dem Tod des Königs mit ein paar Kumpels aus der Truppe desertiert.
Man will nach Nottingham, um dem Vater eines gefallenen Kameraden das Schwert seines Sohnes zu bringen. Dort angekommen muss Longstride erkennen, dass der Tote in Gestalt der willensstarken Lady Marion (Cate Blanchett) auch eine Witwe hinterlässt. Den Drehbuch-Kapriolen des diesmal wenig inspirierten Brian Helgeland ist es zu verdanken, dass aus Longstride per Quasi-Adoption ein Loxley und per Verkuppelung auch der Liebhaber von Marion wird. Bei so wenig Funken, wie sie hier zwischen Robin und der robusten Landfrau sprühen, hätte man so etwas sonst wohl kaum erwartet.
Der Schwachpunkt von Scotts Film ist die Tatsache, dass er kaum eine Geschichte straff zu erzählen weiß, weil zwischendurch immer wieder Geschichte gemacht werden muss. Robin ist dabei, als die Magna Carta verabschiedet wird, die das Verhältnis zwischen Adel und Königshaus definiert (was tatsächlich erst 1215 geschah). Und er muss, mürrisch und bar jeder Selbstironie, eben mal mit links ein zerstrittenes, bürgerkriegsgefährdetes England retten, das die Franzosen sich zwischen zwei Austerngängen im Vorbeigehen einverleiben wollen.
Zwischen so vielen Fronten hat es Mark Strong nicht leicht, sich in Gestalt des englischen Kollaborateurs Sir Godfrey als Bösewicht des Films zu profilieren. Schurken gedeihen besser in überschaubarer Umgebung, man denke nur an die schönen Scharmützel, die Robin in früheren Inkarnationen mit dem Sheriff von Nottingham ausgetragen hat. Der spielt hier im übrigen so gut wie keine Rolle. Seine Stunde wird erst noch schlagen, denn am Ende dieses Films sind wir erst da, wo die anderen begonnen haben.