Los Angeles. .

Christoph Waltz hat einen Oscar, „Das weiße Band“ hat keinen und „Tödliches Kommando“ ist der beste Film des Jahres. Das ist das Ergebnis der Oscar-Verleihung in Hollywood. Als beste Hauptdarsteller wurden Jeff Bridges und Sandra Bullock ausgezeichnet.

Es war der erste Oscar des Abends und wohl der am besten vorherzusehende Gewinn: Christoph Waltz, der Österreicher, der bis vor kurzem hauptsächlich durch Fernsehrollen bekannt war, ist von der amerikanischen Academy of Motion Picture Arts and Sciences als bester Nebendarsteller ausgezeichnet worden - für seine Rolle als so charismatischer wie grausamer SS-Offizier Hans Landa. Waltz, mit grau meliertem Bart und in schwarzem Smoking, versuchte in seiner 45-Sekunden-Dankesrede im Kodak Theatre in Hollywood so ziemlich allen zu danken, die an Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ mitgearbeitet haben: Sie hätten ihm geholfen, seinen Platz in der Produktion zu finden.

David gegen Goliath: So war das Rennen zwischen der 250-Millionen-Dollar-Produktion „Avatar“ und dem unabhängig produzierten Irak-Kriegsdrama „Tödliches Kommando - The Hurt Locker“ charakterisiert worden. David hat gewonnen: Die Academy wählte „Tödliches Kommando“ zum besten Film der vergangenen Saison - und zeichnete Kathryn Bigelow (Foto ganz oben, links) als erste Frau in den 81 Jahren der Oscars für die beste Regie aus. „Es ist unmöglich, das zu beschreiben“, sagte Bigelow, die die Auszeichnung von Barbra Streisand überreicht bekam, „es ist der Moment meines Lebens.“

So wurde der wirtschaftlich erfolgreichste Film aller Zeiten zum Verlierer des Abends: James Camerons 3D-Blockbuster „Avatar“ war wie „Tödliches Kommando“ in neun Kategorien nominiert, bekam allerdings nur die Oscars fürs beste Szenenbild, für die beste Kamera und die besten Spezialeffekte.

Ebenfalls überraschend: Weder Michael Hanekes Film „Das weiße Band“, von Deutschland für den Oscar für den besten nicht englischsprachigen Film nominiert, noch „Ein Prophet“ von Jaques Audiard, auf das die Franzosen hofften, wurden ausgezeichnet - diese beiden Produktionen hatten als Favoriten in der Kategorie gegolten. Stattdessen gewann „El Secreto de sus Ojos“ aus Argentinien.

Jeff Bridges bekommt nach fünf Nominierungen den ersten Oscar als Bester Hauptdarsteller

Er sei „nicht nur ein großartiger, sondern ein brillanter Schauspieler“, stellte Michelle Pfeiffer Jeff Bridges vor. Vor mehr als 20 Jahren hat sie mit ihm in „Die fabelhaften Baker Boys“ gespielt, für seine jüngste Rolle als Musiker – das versoffene Countrymusic-Genie Bad Blake in „Crazy Heart“ - war er zum fünften Mal für einen Oscar nominiert. Jetzt hat Jeff Bridges die Auszeichnung als bester Hauptdarsteller endlich bekommen, komplett mit Standing Ovations. Dankte Mama und Papa („das hier ehrt sie genauso wie mich“), seinen Kollegen und seiner Familie - und wirkte so entspannt wie der Dude.

Forest Whitaker sprach über Sandra Bullock: „Ich habe die Schönheit ihrer Arbeit von Nahem gesehen“ – nämlich als Regisseur in „Hope Floats“ vor rund zwölf Jahren. Von Sean Penn bekam sie den Oscar als beste Schauspielerin für ihre Rolle in „The Blind Side“ überreicht, ein Sport-Drama nach einer wahren Geschichte, das am 25. März in die deutschen Kinos kommt. „Hab ich das echt verdient? Oder hab ich euch nur alle einfach mürbe gemacht?“, fragte Bullock, bei deren Anblick man sofort 45 sein möchte. Erwähnte dann jede der Mitnominierten noch mal einzeln – und konnte, als sie ihrer verstorbenen Mutter dankte, die Tränen nicht mehr zurückhalten.

Den Oscar als Beste Nebendarstellerin bekam Mo’Nique für ihre Darstellung der schrecklich brutalen Mutter im Sozialdrama “Precious”. Mit ihrer schauspielerischen Leistung hat die Comedienne viele überrascht: In Anspielung darauf, dass Komiker nur sehr selten ausgezeichnet werden, dankte sie der Academy, die gezeigt habe, dass es „auch um die Performance gehen kann, nicht nur um Politik“ – und erbat gleich noch Gottes Segen für alle. Für das von Lee Daniels verfilmte und mit Preisen bereits hochdekorierte Indie-Drama gab’s auch noch einen zweiten Oscar: den fürs beste adaptierte Drehbuch. Geoffrey Fletcher hatte Sapphires Roman für die Leinwand bearbeitet und war überwältigt von der Auszeichnung. Weil er sich nicht an alle erinnern konnte, denen er danken wollte, wählte er mit wackeliger Stimme diese Variante: „Ich danke euch allen.“

Wo waren Brangelina Pitt-Jolie?

Das beste Original-Drehbuch stammt von Mark Boal, hat die Academy befunden: Es war der erste Oscar des Abends für das Kriegsdrama „Tödliches Kommando – The Hurt Locker“. Boal widmete die Auszeichnung den Soldaten, die im Irak und in Afghanistan stationiert, verletzt worden oder gefallen sind. Außerdem bekam Bigelows intensiver Film die Auszeichnungen für den besten Ton, den besten Tonschnitt und besten Filmschnitt, gewann also insgesamt sechs Oscars.

Singer-Songwriter James Taylor lieh sich „In My Life“ von den Beatles für die Ehrung der im vergangenen Jahr gestorbenen Filmschaffenden; eine spezielle Ehrung wurde Regisseur John Hughes („Der Frühstücksclub“, „Ferris macht blau“) zuteil: Molly Ringwald und Matthew Broderick, Anthony Michael Hall, Macaulay Culkin, Jon Cryer, Ally Sheedy and Judd Nelson, die allesamt durch Hughes Filme bekannt geworden waren, erinnerten an Filmemacher.

Ben Stiller kam als „Avatar“-Figur vom Volk der Na’vi auf die Bühne – nicht 2,75, sondern höchstens 1,75 Meter groß, aber mit langem blauem Schwanz und ebenso blauem Gesicht. „Bei den Proben hielt ich das noch für eine bessere Idee. Ich bin hier, um den Preis für die beste Maske zu übergeben – und ,Avatar’ ist nicht mal nominiert.“ Er hätte vielleicht seine „Star Trek“-Ohren mitbringen sollen, überlegte Stiller laut – richtig, „Star Trek“ gewann.

Stellenweise ziemlich witzig: das souveräne Moderatoren-Duo Steve Martin und Alec Baldwin. Von den beiden gab’s
Respektlosigkeit, die fast gar nicht weh tat, gepaart mit Klasse in der knapp dreieinhalbstündigen Show, die der Fernsehsender ProSieben in der Nacht zu Montag aus Los Angeles übertrug. Der Versuch des Oscar-Unternehmens, jünger zu erscheinen, war allerdings höchstens mittelerfolgreich: Hannah-Montana-Darstellerin und Super-Kinderstar Miley Cyrus ist offenbar nicht dazu gekommen zu üben, wie man sich in einer viele tausend Dollar teuren Robe hält, damit man nicht kostümiert aussieht. Und Kristen Stewart aus der „Twilight“-Serie nahm nicht mal die Hand vor den Mund, als sie auf der Bühne husten musste. Die Anwesenheit der Nachwuchsstars wird man womöglich schneller vergessen als die Abwesenheit anderer Superstars: Wo waren Brangelina Pitt-Jolie, Jennifer Aniston und Julia Roberts?

Mehr Fotos von der Preisverleihung gibt’s hier.

Das trugen die Stars am Oscar-Abend.

Die Nacht im Live-Ticker gibt’s hier nachzulesen.