Essen.

Filme, die ein wenig schräg sind und die USA nicht immer gut aussehen lassen, haben bei der Oscar-Verleihung geringe Chancen. Aber wir hätten trotzdem einige Empfehlungen an die ehrwürdige Academy of Motion Picture Arts and Sciences.

Bester Film:

Filme, die ein wenig schräg sind und die USA nicht immer gut aussehen lassen, haben bei der Oscar-Verleihung geringe Chancen. Einer wie „Away We Go“ von Sam Mendes etwa, eine mit böser Ironie getränkte Komödie, die uns ein zur Kenntlichkeit stilisiertes Zerrbild der amerikanischen Gesellschaft serviert. Man trifft auf eine Ansammlung von Lebenskrüppeln und schrulligen Gewächsen, die den Mythos von der amerikanischen Familie gründlich sabotieren. Und: „Männer, die auf Ziegen starren“ lief in den USA bereits im November an und hätte schon wegen des Titels eine Nominierung verdient. Aber wie die US-Armee hier als Haufen nicht immer nur leicht Verrückter dargestellt wird, das ist nichts für die ehrwürdige Academy. (awh)

Schönster Blödsinn:

Man nehme einen nicht vor, sondern wegen Liebeskummer besoffenen Postbeamten samt Segelohren und Kartoffelnase. Man überlasse ihm in diesem Zustand den Schalter für Publikumsverkehr und ferner den Verkauf der aktuellen Sondermarke. Sie zeigt ein Igelmotiv...

Was Danny Boon (Buch, Regie, Rolle des besoffenen Postlers) nicht nur in dieser umwerfenden Szene mit „Willkommen bei den Sch’tis” glückte, stellt so ziemlich jede US-Klamotte (Huch, mein Chef ist eine Frau/ Hoppsa, E-Mail von der Ex/ Hilfe, unsere Fünflinge heiraten) der letzten 20 Jahre in den Schatten. Die Liebeserklärung an das Schöne im Hässlichen (der Film erzählt von der nordfranzösischen Savoir-Vivre-Steppe und den Abgründen ihrer Mundart) hätte dringend einen Preis verdient. Oder besser noch: einen Preisch. (LvG)

Bester Darsteller:

Matt Damon ist zwar nominiert, aber in der falschen Kategorie (Nebendarsteller) und mit dem falschen Film („Invictus“). Seine Bestleistung hatte er in Steven Soderberghs „Der Informant!“ – als blasser Buchhaltertyp mit Bauchansatz, Schnäuzer und erkennbarem Toupet, der die Justiz mit seinen Lügen zur Verzweiflung treibt. Sträflicherweise ganz ohne Nominierung: Russell Crowe als zerzauster Journalist in „State of Play“ von Kevin Macdonald, der die Zuschauer mit seinen alten Reportertugenden daran erinnert, wie gründlich Zeitungen noch immer sind und wie flüchtig das Internet ist. Schließlich Johnny Depp, der in Michael Manns „Public Enemies“ zeigt, dass Gangster mal Handwerker waren, bevor die Mafia mit der Industrialisierung begann. (awh)

Beste Nebendarstellerin:

Die Schildkröte in „Ganz nah bei Dir” schleicht nur zwei-, dreimal durchs Bild. Und doch ist ihr Verschwinden mit dafür verantwortlich, dass Philip (Bastian Trost) sein eingefahrenes Leben ändert: Denn die Schildkröte war seine einzige Vertraute. Nun aber lässt sich der stocksteife Banker auf die Freundschaft mit einer sonnigen Cellistin ein (Katharina Schüttler). Sie ist blind, hat aber einen Blick für das wahre Leben, den der Eigenbrötler niemals allein entdeckt hätte.

Die Komödie von Almut Getto steht stellvertretend fürs unersetzliche Programmkino, für Geschichten ohne ohrenbetäubende Musik oder Actionszenen, die dafür tief unter die Haut gehen. Filme, bei denen man spürt, sie sind: Ganz nah bei Dir.

Bester Antiheld:

Hollywood braucht echte Helden, keine Frage. Aber darf es vielleicht mal eine Nummer kleiner sein? Wir empfehlen einen kecken, rothaarigen Kna­ben, der zwar Angst vor Wölfen hat, aber auch nicht mit ihnen heult, kein Schwert zieht, aber geniale Geistesblitzen hat. Michael „Bully” Herbig hat mit „Wickie und die starken Männer” gezeigt, dass man mit Herz, Witz und liebevollem Ulk Kinounterhaltung hinbekommt, die fünf Millionen ins Kino lockt – selbst wenn die wilden Piraten nur durch den zahmen Walchensee paddeln. Natürlich sind Herbigs Spezialeffekte nicht zu vergleichen mit der 230 Millionen-Technik von „Avatar”. Aber schon in diesem Sommer will Herbig seine „Wickie”-Fortsetzung in 3-D-Technik drehen. Spätestens dann werden sich Cameron und Konsorten warm anziehen müssen. (MaS)

Beser Vorspann:

Skandal! Manche Kategorien unterschlägt die Academy, weil der Sieger eh feststünde. Zum Vorspann von Zack Snyders „Watchmen“ gibt es keine Konkurrenz, im ganzen letzten Jahrzehnt nicht. Zur Musik von Dylans „The Times They Are A-Changin“ erzählt er in drei Minuten den Sündenfall einer Superheldentruppe durch fünf Jahrzehnte - vom Einprügeln auf maskierte Gangstervisagen bis zum Vietnameinsatz. Nebenher klärt Snyder den Mord an John F. Kennedy auf - und zeigt Armstrong erstaunt, als er erkennt, dass er nicht der erste Mann auf dem Mond ist. Dafür den Publikumsoscar. (how)