Zürich. Keine andere Schauspielerin im deutschen Nachkriegskino konnte so herzlich lachen wie Liselotte Pulver. Mit Filmen wie "Die Zürcher Verlobung" und "Das Wirtshaus im Spessart" spielte sich die gebürtige Bernerin in die Herzen der Zuschauer. Heute wird Liselotte Pulver 80 jahre alt.

Die Schauspielerin Liselotte Pulver. (c) AP
Die Schauspielerin Liselotte Pulver. (c) AP © AP

Einmal nur hat ein Regisseur sich ihr berühmtes Lachen vor der Kamera ausdrücklich verbeten. "Prompt war ich auch nicht gut", erinnerte sich Liselotte Pulver 2007 an die ungeliebte Regieanweisung. "Das ist nun mal mein Ausdruck." Dieses kräftige und ansteckende Lachen, das früh zu ihrem Markenzeichen wurde und auch im hohen Alter noch so mädchenhaft klingt, täuschte leicht darüber hinweg, dass es im Inneren von Lilo Pulver manchmal ganz anders aussah. Die Schauspielerin, die am Sonntag 80 Jahre alt wurde und in den 50er und 60er Jahren vor allem wegen ihres komödiantischen Talents zu den großen Stars des deutschen Films zählte, hatte sich aus Kummer zunächst nach ernsten Rollen gesehnt.

"Ich war überzeugt, zur Tragödin geboren zu sein. Schließlich weinte ich fast jeden Abend vor Liebeskummer die Kissen nass", schreibt Pulver in ihrem Buch "Das Geheimnis meines Lachens" über den Beginn ihrer Karriere. Zahlreiche Liebesnöte, auch ausgelöst durch Filmkollegen, hatte sie durchzustehen, bis sie den Richtigen fand. Mit Ehrgeiz und mit großem Erfolg stürzte sie sich in die Arbeit.

Trost, von einer Schweizer Träumerin

Pulver galt nicht als Sexsymbol, sondern verkörperte einen burschikoseren Typ. Sie spielte temperamentvolle, liebreizende Mädchen und gab oft in Hosenrollen den Clown auf der Leinwand. Die Begeisterung beim Publikum war groß: "Das damals bis ins Innerste erschütterte deutsche Volk ließ sich nur zu gerne von einer Schweizer Träumerin trösten", schrieb Pulvers Schwester Corinne in ihrer Biografie über Lilo.

Bereits mit 14 Jahren hatte Liselotte in einem Schulaufsatz festgehalten, dass es "von klein auf" ihr Wunsch gewesen sei, Schauspielerin zu werden. Nach einer Ausbildung zur Sekretärin, auf der die Eltern bestanden, nahm sie ihre Schauspielausbildung auf und erhielt erste Theaterengagements.

Der Durchbruch kam mit "Piroschka"

Ungewöhnlich verlief das Vorsprechen zu ihrer ersten Kinohauptrolle neben Hans Albers im Bergdrama "Föhn" (1950). Der Produzent verlangte mitten in einem feinen Lokal von Pulver, dass sie ihm als verlassene Geliebte eine Szene mache. Pulver überzeugte ihn - ebenso wie die Gäste. "Die Köpfe der Essenden drehten sich wie auf Kommando zu unserem Tisch herüber, und die Ober erstarrten zu Salzsäulen."

"Mit Händen und Füßen" gesträubt hat sich Pulver ausgerechnet gegen den Film, der für sie den ganz großen Durchbruch bedeuten sollte: "Ich denke oft an Piroschka" (1955). Sie sei der Ansicht gewesen, "dass mir kein Mensch 90 Minuten lang einen ungarischen Akzent" glauben würde", erklärte sie ihre anfängliche Skepsis. Schließlich "stolperte" sie doch noch in ihr "Glück", unterschrieb und spielte das naive ungarische Mädchen, das einem deutschen Studenten (Gunnar Möller) den Kopf verdreht.

"Ich war ja immer nur ein Seitensprung"

Selbst den großen Erfolg mit dem "Piroschka"-Film von Regisseur Kurt Hoffmann konnte Pulver aber nicht richtig genießen, weil sie zu dieser Zeit unglücklich verliebt war in ihren Kollegen Erik Schumann. Über ihre Anlaufschwierigkeiten in der Liebe sagte sie 2007 der "Süddeutschen Zeitung": "Ich war ja immer nur ein Seitensprung."

Zu Pulvers Filmpartnern zählten Stars wie Curd Jürgens, Gustaf Gründgens, O.W. Fischer, Jean Gabin, Heinz Rühmann, Jean Marais, Johannes Heesters und Paul Hubschmid. Mit keinem anderen Mann drehte sie aber so viele Film wie mit Regisseur Hoffmann. Zehn waren es, darunter die Erfolgskomödien "Das Wirtshaus im Spessart" oder "Heute heiratet mein Mann". "Wir haben über dieselben Dinge gelacht", verriet sie. Zum Kassenschlager wurde auch die Komödie "Die Zürcher Verlobung" von Helmut Käutner.

Lilo in der "Sesamstraße"

Schauspieler Otto-Wilhelm Fischer zusammen mit Liselotte Pulver und Hildegard Knef. (c) imago
Schauspieler Otto-Wilhelm Fischer zusammen mit Liselotte Pulver und Hildegard Knef. (c) imago

Als legendär gilt Pulvers Auftritt als wild auf einem Bartisch tanzende, platinblonde Sekretärin in Billy Wilders Filmsatire "Eins, zwei, drei". Öfter in ernsten Rollen besetzt wurde sie in internationalen Filmen. Für Aufsehen sorgte ihr Spiel einer lesbischen Äbtissin im französischen Skandalfilm "Die Nonne" (1965).

Als "absolute Keulenschläge" empfand Pulver, dass sie in zwei Hollywood-Produktionen durch ihr eigenes Zögern und wegen anderer Verträge nicht mitwirken konnte: "Ben Hur" und "El Cid". Entschädigt wurde sie auf andere Weise: Bei den Dreharbeiten zu dem Film, der "El Cid" im Weg gestanden hatte, lernte sie die Liebe ihres Lebens, Schauspieler Helmut Schmid, kennen. Sie heirateten 1961, bekamen zwei Kinder, Marc-Tell und Charlotte Mélisande, und spielten gemeinsam Theater. Ab den 70er Jahren drehte Pulver vorwiegend fürs Fernsehen. Bei Kindern war sie beliebt als Lilo in der "Sesamstraße".

"Das Alleinsein war am Anfang so hart"

Am 11. Oktober 2009 wird Liselotte Pulver 80 Jahre alt. (c) imago
Am 11. Oktober 2009 wird Liselotte Pulver 80 Jahre alt. (c) imago

Zwei schwere Schicksalsschläge trafen Pulver, als sich 1989 ihre Tochter das Leben nahm und drei Jahre später ihr Mann nach gut 30 Jahren Ehe starb. "Das Alleinsein war am Anfang so hart, ich dachte, das steh ich nicht durch", sagte sie vor zwei Jahren der "Bild"-Zeitung.

Ihren bislang letzten Kinoauftritt hatte Pulver 1996 in Sönke Wortmanns "Das Superweib". Im Fernsehen sah man sie in der Neuverfilmung der "Zürcher Verlobung" in einer kleinen Gastrolle. Weitere Filmprojekte plant Pulver, die neben ihrem Haus am Genfer See auch eine Wohnung in einer Seniorenresidenz in Bern hat, nicht. "Ich mag das ganze Drumherum nicht mehr", sagte die vielfach ausgezeichnete Künstlerin. (ddp/AP)