Essen. In “Camino de Santiago“ haben sich die Dokumentarfilmer Jonas Frei und Manuel Schweizer per Fahrrad auf den Jakobsweg begeben und Pilger interviewt.

Wer ist nicht alles schon den Jakobsweg ins spanische Santiago de Compostela entlang gewandert? Spätestens seit 2006, als Hape Kerkeling den Bestseller „Ich bin dann mal weg“ veröffentlicht hat, ist diese Reise auch unter Deutschen zu einer wahren Modeerscheinung geworden. Der Jakobsweg hat sich zu einem globalen Phänomen entwickelt, das neben zahllosen Sachbüchern auch Spielfilme hervorgebracht hat.

Auf dieser Welle, die noch längst nicht abzuebben scheint, treiben auch die beiden Schweizer Dokumentarfilmer Jonas Frei und Manuel Schweizer mit. Für „Camino de Santiago“ haben sie sich auf ihren Fahrrädern auf den Weg von der Schweiz nach Santiago de Compostela und anschließend noch weiter bis nach Finisterre, dem „Ende der Welt“ an der spanischen Atlantikküste, gemacht. Dabei haben sie mehr als Pilger interviewt.

Vielleicht sollte so ein möglichst breitgefächertes Panorama der Menschen entstehen, die diese Wanderschaft antreten. Doch die sich meist auf zwei oder drei Sätze beschränkenden Interviewschnipsel erzählen einem kaum etwas. Die Erklärungen klingen alle gleich. Einer sagt, er will sich finden. Eine andere will sich verlieren, was letzten Endes wohl auf das Gleiche hinauskommt.

Kritische Aspekte fehlen

Am Ehesten erzählt „Camino de Santiago“ noch von einer allgemeinen Übersättigung. Das moderne Leben ist mit seinen ungeheuren Anforderungen im Beruflichen wie im Privaten zu einer Zumutung geworden, der die Menschen auf dem Jakobsweg entfliehen wollen. Nur ist dieses säkularisierte Pilgern längst zu einer weiteren Facette der Moderne geworden: Selbstfindung als ultimativer Urlaubstrip. Diese bittere Ironie scheint Frei und Schweizer allerdings nicht bewusst zu sein.

Eine kritische Sicht auf das Phänomen Jakobsweg liegt den Filmemachern sowieso fern. Sie begnügen sich mit pittoresken Aufnahmen von Steinen und Blumen am Wegesrand und lassen immer wieder eine Drohnenkamera in die Luft aufsteigen, um Kirchen und Kathedralen von oben zu filmen. All diese Bilder fügen sich aber nie zu einem Ganzen zusammen. Sie ähneln eher Fotos, die willkürlich zusammengestellt wurden, Fotos, die an sich schon weder einen ästhetischen noch einen dokumentarischen Wert haben.

Wertung: Einer von fünf Sternen