Essen.. Im Actionthriller „The Gunman“ zeigt Sean Penn, dass auch ein Mittfünfziger als Actionheld taugt. Als Heckenschütze erfindet Sean Penn sich neu.
Vor sieben Jahren hat der französische Filmemacher Pierre Morel mit dem ebenso gradlinigen wie harten Selbstjustiz-Spektakel „96 Hours“ nicht nur ein klassisches Kinogenre wiederbelebt. Er hat zugleich auch den alternden Charakterdarsteller Liam Neeson in einen Actionstar verwandelt. Seither hat sich das Actionkino regelrecht zu einer Domäne von in die Jahre gekommenen Männern entwickelt.
In Morels „From Paris with Love“ war es John Travolta, der in Neesons Fußstapfen treten durfte und in McGs „3 Days to Kill“ Kevin Costner. Selbst Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger, die in den 1980ern die großen Stars des Genres waren, erleben noch einmal einen zweiten Frühling. Es ist, als ob die Zeit ihnen einfach nichts anhaben kann, obwohl ihre Körper und Gesichter eine andere Geschichte erzählen.
Sean Penn erfindet sich als Söldner und Heckenschütze neu
Mit „The Gunman“, seinem dritten großen Actionfilm in sieben Jahren, setzt Morel, den einst von ihm ausgelösten Trend nun weiter fort. Diesmal ist es Sean Penn, der sich in der Rolle des Söldners und Heckenschützen Jim Terrier noch einmal neu erfinden darf. Penn, der bisher eher in sperrigen, meist politisch sehr engagierten Filmen aufgetreten ist, hat für diese Rolle außergewöhnlich hart trainiert. Er, den in den vergangenen Jahren immer die Aura des Intellektuellen umgab, erinnert fast schon an die Action-Helden der 1980er- und -90er-Jahre.
In jenen Jahren war es üblich, dass Stallone, Schwarzenegger und Van Damme ihre perfekt modulierten Körper in ihren Filmen regelrecht ausstellten: Muskeln als eigene Kunstwerke. Wie sie präsentiert sich jetzt auch Penn immer wieder mit freiem Oberkörper. Mit seinem Waschbrettbauch, seinen extrem akzentuierten Brustmuskeln und seinem imposanten Bizeps hat er etwas von einer lebenden Skulptur. Angesichts dieses Spektakels tritt die Geschichte, die Morel erzählt, beinahe in den Hintergrund. Mehr noch als all die anderen älteren Schauspieler, die sich zuletzt als Actionstars in Szene setzen ließen, scheint Penn gegen die Zeit selbst anzukämpfen. Ein fast 55-Jähriger mit dem Körper eines 30-Jährigen, das ist auch ein Bild für unsere Gegenwart.
The Gunman ist politischer als im Action-Genre üblich
So gesehen ist „The Gunman“ dann doch wieder ein klassischer Sean Penn-Film, und das gleich auf mehreren Ebenen. Zum einen fängt Penn mit seiner Performance tatsächlich den Geist der Zeit ein, der von einer überall in der westlichen Welt grassierenden Verleugnung des Alterns und der mit ihm einhergehenden Veränderungen geprägt wird. Zum anderen ist der Plot des Films deutlich politischer angelegt, als es im Action-Genre üblich ist.
Acht Jahre ist es her, dass Jim Terrier für seine damaligen Auftraggeber einen kongolesischen Politiker erschossen hat. Daraufhin musste er aus Afrika flüchten und dabei auch seine Geliebte, die Ärztin Annie (Jasmine Trinca), zurücklassen. Nun ist er in den Kongo zurückgekehrt, nicht als Söldner, sondern als Entwicklungshelfer. Aber seine Vergangenheit holt ihn ein. Nach einem Mordanschlag, den er nur knapp überlebt, beginnt eine Jagd, die von Afrika über London nach Spanien führt.
Sean Penn verfängt sich in einem Interessengeflecht
Die Kolonialzeit ist zwar vorüber. Aber letztlich werden die Geschicke Afrikas immer noch von multinationalen Firmen und fremden Regierungen gelenkt. So verfängt sich Terrier in einem nahezu undurchdringlichen Interessengeflecht, das auch Pierre Morel und seine beiden Drehbuchautoren Don McPherson und Pete Travis nicht vollständig entfädeln können.
Die Verhältnisse sind einfach zu verworren. Auch das ist natürlich eine Aussage, allerdings eine, die einen etwas schalen Beigeschmack hat. Die Verantwortlichen für das Morden werden zwar benannt, aber an das System, das sie stützt, wagen sich die Filmemacher nicht heran. Sie setzen stattdessen auf extrem dynamische Action-Szenen und auf Penns stählernen Oberkörper.
Wertung: Drei von fünf Sternen