Essen. . In “96 Hours - Taken 3“gerät Anti-Held Bryan (Liam Neeson) selbst ins Visier der Polizei. Der Abschluss einer Trilogie mit Melodramatik und Tiefgang.

Zum Abschluss der Action-Trilogie um den kontrollsüchtigen Familienvater und ehemaligen CIA-Agenten Bryan Mills wagt Produzent und Co-Drehbuchautor Luc Besson tatsächlich noch einen radikalen Bruch mit allem, was bisher geschehen ist. Während Olivier Megatons „96 Hours – Taken 2“, der zweite Teil der Reihe, nur eine Variation von Pierre Morels Original war, gehen Besson und Megaton, der wieder die Regie übernommen hat, nun einen anderen Weg.

In „96 Hours – Taken 3“ wird niemand mehr entführt und verschleppt. Diesmal ist der von Liam Neeson gespielte Mills auf der Flucht vor der Polizei. Dabei sah es zunächst noch so aus, als hätten er, seine Ex-Frau Lenore (Famke Janssen) und seine Tochter Kim (Maggie Grace) endlich so etwas wie Frieden und Normalität gefunden. Doch dann wird Lenore in Bryans Haus ermordet, und er ist der Hauptverdächtige.

Alles dreht sich um die Familie

Letztlich drehte sich auch schon in den ersten beiden „Taken“-Filmen alles um die Familie. Ein Mann, der seine Ehe und seine Tochter letzten Endes seiner Arbeit geopfert hat, bekam in Bessons Selbstjustiz-Szenario noch einmal eine letzte Chance. Ausgerechnet die Fähigkeiten, die ihn als Familienvater und Ehemann scheitern ließen, ließen ihn in Morels „96 Hours“ zur einzigen Hoffnung seiner von albanischen Gangstern verschleppten Tochter werden.

Im zweiten Teil war es dann die Tochter, die in seine Fußstapfen schlüpfen musste. Und wieder drehte sich alles darum, eine Familie zu retten und zu erhalten, die eigentlich schon seit langem auseinandergebrochen war. Die Ironie dabei war nur, dass der albanische Clan-Chef nun selbst familiäre Motive für seinen Angriff auf die Mills hatte. Selbst Schurken haben Kinder, und warum sollten sie deren Tod nicht rächen wollen. So spiegelten sich der stoische (Anti-) Held Mills und sein barbarischer Gegenspieler mit einmal gegenseitig. Eine klassische melodramatische Konstellation, aus der Besson und Megaton allerdings nur wenig machten. Die Action verdrängte nahezu alle Emotionen und erst Recht alle Zweifel.

Ein verunsicherter Vater und liebender Ex-Mann

Doch das ist diesmal anders. Erstmals bekommt Liam Neeson Gelegenheit und auch Zeit, Bryan als verunsicherten Vater und immer noch liebenden Ex-Mann zu zeigen. Als er Kim Champagner und einen riesigen Plüschbären zum Geburtstag schenken will, offenbaren sich die Mauern, die zwischen Vater und Tochter stehen. Alles, was sie in diesem misslichen Moment nicht aussprechen, schwingt dafür umso lauter in Liam Neesons und Maggie Graces Blicken mit. Hier versuchen zwei Menschen mit aller Macht, das Vergangene hinter sich zu lassen. Doch es will ihnen einfach nicht gelingen. So ist es auch in der Szene zwischen Bryan und seiner Ex.

Schon vor dem Mord an Lenore beherrschen Trauer und ein Gefühl von Vergeblichkeit den Film. Das Melodramatische ist nicht mehr nur eine halbherzige Beigabe, die den Actionszenen etwas mehr Tiefe geben soll. Es steht vielmehr im Zentrum von „96 Hours – Taken 3“. Natürlich ist Bryan nicht Lenores Mörder, das ahnt selbst der von Forest Whitacker gespielte Detective Franck Dotzler recht bald. Dennoch schwebt über allem die Frage, ob er seine Frau nicht doch zumindest indirekt auf dem Gewissen hat. Und keiner schlägt sich mit ihr mehr herum als Mills selbst.

Liam Neeson wirkt älter und müder

Liam Neeson ist zwar immer noch ein enorm eindrucksvoller Actionheld, dem man die Flucht durch die Kanalisation von Los Angeles genauso abnimmt wie seine Zweikämpfe mit russischen Gangstern. Dennoch wirkt er weitaus älter und müder. Die Zeit der Kämpfe und der Morde ist für ihn eigentlich längst vorüber. Dass er noch einmal gegen eine große Verbrecherorganisation antreten muss und dabei immer noch mindestens einen Schritt schneller als die Polizei sein sollte, fordert seinen Tribut. Insofern ist es nur konsequent, dass die extrem schnell geschnittenen Actionsequenzen den ansonsten eher ruhig dahin fließenden Film regelrecht zu zerreißen scheinen. Schließlich zerreißt es innerlich auch Mills.

Wertung: vier von fünf Sternen