Essen. Der österreichische Filmemacher Ulrich Seidl blickt in seiner Dokumentation “Im Keller“ in die Abgründe, die sich hinter bürgerlichen Fassaden auftun.
Der vielfach ausgezeichnete österreichische Regisseur Ulrich Seidl ist bekannt dafür, nicht allzu zimperlich zu sein. Das gilt auch für sein jüngstes Werk „Im Keller“, mit dem er nach der „Paradies“-Trilogie wieder zum Dokumentarfilm zurückgekehrt ist.
Seit dem Fall Kampusch kann man in Österreich kaum noch unbefangen über Keller reden, und natürlich spielt der Titel auch auf die psychologische Deutung an: weil die Menschen im Verborgenen treiben, was gesellschaftlich als verpönt gilt. Der Film blickt allerdings mit großer Gelassenheit in die Abgründe, die sich in den Tiefgeschossen auftun.
Stolz auf Hitlers Ölgemälde
Im Grunde ist der Zeitvertreib, dem die Mitwirkenden unter Ausschluss der Öffentlichkeit nachgehen, harmlos, aber einige der Herrschaften sind doch etwas befremdend; etwa der ältere Herr, der stolz inmitten seiner Nazi-Devotionalien posiert.
Sein Lieblingsstück ist ein Ölgemälde von Adolf Hitler, er hat es von seinen Freunden zur Hochzeit bekommen, und fast übermannt ihn die Rührung, als er das erzählt. Auch andere lassen sich gern übermannen, darunter ein korpulenter, stark behaarter Mann, der sich willig von seiner Lebensgefährtin demütigen lässt; oder die Frau, die es liebt, wenn ihr Freund zur Peitsche greift.
Natürlich waren es die ungewöhnlichen Vorlieben, die diese Menschen für Seidl interessant gemacht haben, aber er verurteilt sie nicht; auch nicht den Nazifreund. Seidl kam es auf den Menschen an. Dieser streng dokumentarische Blick, der nie wertet, sondern bloß beobachtet, macht „Im Keller“ zu einer faszinierenden und kurzweiligen Reise in die menschlichen Abgründe.
Wertung: Drei von fünf Sternen