Essen. ProSieben wollte Fernsehen, App und Internet verbinden. Mit der Casting-Show „Keep Your Light Shining“ schlidderte der Sender aber leider direkt in die gleichen Abgründe, wie die „Millionärswahl“. Wer die Kandidaten waren, und dass Kandidat Willy per Zuschauer-Voting gewann, geriet zur Nebensache.

Es war wieder einmal ein Experiment, das ProSieben da startete. Eine Show mit Zuschauerbeteiligung. Nach der misslungenen Millionärswahl ging es nun in den Sänger-Casting-Sektor. Und leider ging dieses Experiment bei „Keep Your Light Shining“ beinahe genauso schief, wie der Vorgänger.

Schlechte Moderation, staksig, kein bisschen spontan und dafür auswendiggelernt. Eine „Experten-Jury“, die keine Meinung hat, aber alle Kandidaten einfach toll fand. Einspielfilmchen, die im Stile von „Deutschland sucht den Superstar“ und eigentlich allen anderen Casting-Shows für vermeintliche Emotionalität sorgen sollten, aber leider nur nervten.

Und die Teilnehmer? Die neun Sängerinnen und Sänger? Puh, die wurden so schnell abgefertigt, dass kaum ein Charakter im Kopf der Zuschauer hängen bleiben konnte.

Blick ins Studio von
Blick ins Studio von "Keep your Light Shining". © dpa

Abstimmen nur mit Facebook-Anmeldung möglich

Das Konzept der Sendung ist laut ProSieben brandneu und ein weltweit bisher einzigartiges. Wie in einer Arena stehen zu Anfang neun Kandidaten und reihum hat jeder 30 Sekunden, um seinen Part im Song der jeweiligen Runde zu singen. Während dieser 30 Sekunden können die Zuschauer per App und Internet abstimmen – mit einem „Daumen hoch“ oder einem „Daumen runter“.

Soweit ganz einfach. Anders als bei anderen Shows, die sich mit der Verknüpfung von TV und App beschäftigen, klappte das bei „Keep Your Light Shining“ immerhin. Doch auch gab es hier schon direkt noch vor Beginn der ersten Runde eine für viele Leute böse Überraschung.

Wochenlang hatte ProSieben das bahnbrechende Konzept angekündigt. Das „Dabei sein“ und „das Sagen haben“ per App. Doch verschwieg der Sender eine wichtige Kleinigkeit. Wer abstimmen wollte, musste sich in der App mit seinem Facebook-Account anmelden. Auf Twitter hagelte es direkt unter anderem harsche Kritik. Die Hürde, dass die App so auf das öffentliche Profil und die Freundesliste zugreifen kann, schreckte viele ab.

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Ricky Martin und Alina Süggeler singen als einzige nicht live

Den nächsten Makel der Sendung machte die Moderatorin aus. Annica Hansen, Moderatorin, Model und Teilnehmerin an Shows wie „Das perfekte Promi-Dinner“, „mieten, kaufen, wohnen“ und „Die Wok-WM“, war vielleicht einfach aufgeregt. Aber diese Nervosität legte sich leider nicht im Laufe der Sendung. Ungelenk und völlig ohne spontanen Witz führte sie von Sänger zu Sängerin, von Einspieler zu Jury-Befragung.

Frida Gold-Frontfrau Alina Süggeler und Sänger Ricky Martin.
Frida Gold-Frontfrau Alina Süggeler und Sänger Ricky Martin. © dpa

So nutzen auch die Zuschauer den Kurznachrichtendienst Twitter, um beim Sender nach dem „Daumen runter“-Button für die Blondine zu fragen.

Genauso wenig konnte die sogenannte Experten-Jury überzeugen. Ricky Martin, der überraschenderweise für Take That-Star Gary Barlow einsprang, und Frida Gold-Frontfrau Alina Süggeler nutzten die Show vor allem als Plattform, um ihre eigenen neuen Songs zu promoten. Beide sangen, und beide taten es nicht live. Traurig, wenn in einer Sendung, in der es um große Stimmen geht, die Profis es nicht schaffen, ohne Playback aufzutreten.

Abstimmungs-Zeitraum viel zu kurz

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Ein weiterer Fehler, der eigentlich für die Show fatal war, waren die am Anfang unklar dargelegten Regeln. Zu schnell war der Zuschauer gefordert und zu schnell war da der Moment vorbei, in dem für die erste Sängerin hätte abgestimmt werden müssen. Moderatorin Annica Hansen wurde vom Einsetzen des ersten Liedes abgewürgt und verbaute so vielleicht Kandidatin Coby Grant den Einzug in die nächste Runde.

So ganz fehlerfrei lief aber auch die App nicht. 20 Sekunden sangen die jeweiligen Kandidaten, doch schon nach etwa zwei Dritteln der Zeit, sprang in der App der Abstimmungs-Bildschirm zum nächsten Sänger weiter. Wer also als Zuschauer ein bisschen länger brauchte, hatte keine Chance. Und der jeweilige Kandidat hätte sich die letzten zehn bis 15 Sekunden seiner Darbietung eigentlich sparen können.

Bildschírmfoto der Abstimmungs-App.
Bildschírmfoto der Abstimmungs-App. © dpa

Willy gewinnt die erste Sendung „Keep Your Light Shining“

Am Ende standen genau die Personen, um die es hätte gehen sollen kaum im Rampenlicht: die Kandidaten. Es ging um Schnelles „Daumen hoch“/“Daumen runter“-Geklicke und so fiel vielleicht auch gerade deswegen jeder kleine Fehler von Jury, Moderatorin und dem generellen Konzept auf. Und deshalb ist es vielleicht nur der Vollständigkeit halber wichtig zu sagen, dass Amerikaner Willy die erste von drei Shows „Keep Yor Light Shining“ und 50.000 Euro gewonnen hat.

Für die zweite Sendung ist zu hoffen, dass Fehler behoben werden. Doch das hat bei der Millionärswahl ja auch nichts mehr retten können.