Essen. Irgendwo hört der Spaß auf: Als Joko Winterscheidt seinen Kumpel Klaas Heufer-Umlauf beim „Duell um die Welt“ in eine lebensgefährliche Situation brachte, zog der Entertainer die Reißleine. Ausgerechnet die Show, die ständig Tabus bricht, hat am Samstag gezeigt, dass TV-Unterhaltung Grenzen braucht.
Was wäre wohl los, wenn ein Entertainer während der Dreharbeiten für eine Unterhaltungsshow im deutschen Fernsehen ums Leben käme? Unweigerlich stellt man sich diese Frage, wenn Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf auf ProSieben gegeneinander beim „Duell um die Welt“ antreten. Die beiden Moderatoren sind dafür bekannt, vor laufender Kamera Grenzen zu überschreiten. Oft ohne jede Rücksicht auf Verluste. Und auch in der aktuellen Sendung vom Samstag war mindestens eine der Aufgaben, die die beiden Kontrahenten meistern mussten, wirklich lebensgefährlich.
Gleich die ersten Worte der Show, gesprochen von einer Stimme aus dem Off, warnten den Zuschauer, dass es wieder zur Sache gehen wird: „Man sagt immer, krasser geht’s nicht – bis es dann noch krasser kommt.“
"Ohne Punkte, aber mit Würde und mit meinem Leben"
Die heftigste Mutprobe des Abends: Joko schickt seinen Konkurrenten auf die Südsee-Insel Pentecost. Dort soll Klaas von einem etwa 20 Meter hohen Holzturm springen – einzige Sicherung: eine Liane, die ähnlich wie ein Bungee-Seil, an seine Beine geknotet wird. Die Länge des Seils ist so bemessen, dass Klaas mit dem Kopf möglicherweise leicht auf dem Urwald-Boden aufschlagen würde. Das sei Teil der Übung, wird ihm gesagt. Einheimische Turmspringer machen den Stunt vor. Wenige Zentimeter Seillänge bestimmen den Ausgang des waghalsigen Unterfangens: gelungenes Kunststück oder tödlicher Genickbruch. „Das ist hoch gefährlich“, urteilt Klaas Heufer-Umlauf – und entscheidet sich gegen den Sprung. Damit verliert er zwar diese Runde des Spiels. Aber das ist ihm in dieser Situation egal. Der spätere Gewinner der Sendung macht damit deutlich, dass TV-Unterhaltung Grenzen haben muss. „Ich reise zwar ohne Punkt ab, dafür aber mit Würde, dem Glauben an meine eigene Vernunft und mit meinem Leben“, sagt er.
In diesem Moment kommt die oft mit reichlich pubertärem Klamauk gespickte Sendung erstaunlich erwachsen daher. Da passt ins Bild, dass dem abgesagten Sprung eine preisverdächtige Klaus Kinski-Interpretation vorausging: Klaas Heufer-Umlauf bewies schauspielerisches Talent, als er, gekleidet in einen weißen Leinen-Anzug, den legendären Kinski-Ausraster während der Dreharbeiten zu seinem Film „Fitzcarraldo“ imitierte. Der Streifen aus den 1980ern dürfte vielen der oft eher jungen ProSieben-Zuschauer allerdings wohl eher kein Begriff gewesen sein. Der Blick auf die Quote, so scheint es, ist hier zweitrangig.
Die niederen Instinkte kommen nicht zu kurz
Doch Joko und Klaas wären nicht Joko und Klaas, wenn sie nicht auch die niederen Instinkte ihres Publikums ansprächen. Da wird gelacht, wenn alte Damen mit ihren Gehstöcken Joko die Weichteile prügeln. Die Szene wird sogar in Zeitlupe wiederholt. „Das ist aber auch eine primitive Sendung“, scherzt danach der Moderator, während er schmerzgekrümmt durchs Studio wankt – Selbstironie? Kurz darauf animiert er dann nämlich auch schon wieder lautstark seinen Kollegen, in einen Eimer zu erbrechen, nachdem dieser seinen Magen mit einem Mix aus Wurstwasser, Brausepulver und lauwarmem Sekt auf eine harte Probe gestellt hat. Diese Augenblicke sind gewiss nicht die Höhepunkte der Show.
Was fasziniert, sind die Reisen in ferne Länder. Bedingt durch das Prinzip der Sendung (die beiden Moderatoren denken sich Mutproben aus, die der jeweils andere dann bestehen muss) kommen Joko und Klaas ordentlich in der Welt herum. So hängte sich Joko etwa im französischen Jet-Set-Städtchen Cannes auf Wasser-Ski an ein Kreuzfahrtschiff, ließ sich in Österreich lebendig in einem Sarg begraben und drehte in einem kanadischen Wettersimulator ein Musik-Video.
Von Rindern durch eine Brackwasser-Kloake gezogen
Klaas fuhr mit einer arg angerosteten Seilbahn über eine chinesische Schlucht und ließ sich in Indien von wildgewordenen Rindern durch eine Brackwasser-Kloake ziehen. All’ das sind starke Szenen, die das Einschalten lohnen. Wenn „Wetten, dass...“ eine Außenwette hat, dann hat „Das Duell um die Welt“ gleich sechs davon.
Die Sendung ist in der Vergangenheit kontrovers diskutiert worden. Besonders, dass Joko sich in einer Ausgabe der Show vor laufenden Kameras ohne Betäubung die Lippen zunähen ließ, sorgte für heftige Kritik. Die Szenen durften erst nach 23 Uhr gezeigt werden. Post von der Medienaufsicht landete trotzdem schon im Briefkasten der Entertainer. Dennoch muss man Joko und Klaas eines lassen: Seit dem Start ihrer Sendung im Sommer 2012 haben sie sich und ihre Show stets weiterentwickelt. Beim Kurznachrichtendienst Twitter bringt es ein 18-jähriger Bayer namens Fabi auf den Punkt: „Ein Fernsehformat, das sich aus der deutschen, eingeschlafenen Fernsehlandschaft hervorhebt. Danke dafür!“.