Essen. Seine Kindheit war alles andere als gemütlich. Umso mehr ist Schauspieler Fritz Wepper bestrebt, mit seinen Rollen eine heile Welt zu demonstrieren – ganz gleich, ob er den Wöller oder den Winter spielt. Und der gebürtige Münchner steht mit ganzen Herzen dahinter.
Als Kind, so erzählt Fritz Wepper gern, hat er mit Bruder Elmar im Kinderzimmer ein Kaspertheater aufgebaut, zwei Stühle, Wäscheleine, Badehandtuch, fertig! So viel hat sich nicht geändert, höhnen Kritiker heute beim Anblick der Wepper-Welt, die in TV-Serien wie „Um Himmels willen“ oder „Mord in bester Gesellschaft“ (Donnerstag, 20.15 Uhr, ARD) schlichte Gemütlichkeit und harmlose Räuber-und-Gendarm-Dramaturgie verbreitet – und werden dem Phänomen Wepper damit nicht gerecht.
Mehr als ein halbes Jahrhundert steht der 72-Jährige nun schon vor der Kamera und hat sich dabei längst zu einem der beliebtesten Schauspieler Deutschlands entwickelt, ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen, verehrt von einem Publikum, das ihn „einfach nett“ findet. Die Rolle des braven Assistenten vom „Kommissar“ und vom „Derrick“ war Wepper auf den Leib geschrieben. Mit Harry kam der Durchbruch, an seine frühen und wirklich anspruchsvollen Vorstellungen im Anti-Kriegsdrama „Die Brücke“ oder dem Oscar-prämierten „Cabaret“ können sich nicht ganz so viele Fans mehr erinnern. Sprüche wie „Hol’ schon mal den Wagen, Harry“ sind dagegen ins allgemeine Sprachgut eingegangen, obwohl Wepper nicht ganz sicher ist, ob dieser Satz jemals in Derricks Drehbuch stand.
Keine Reise zur Oscar-Gala
Mit Hollywood wird es jetzt eh nix mehr, was Wepper immer noch ein bisschen bedauert. „Cabaret“ hätte das Sprungbrett für die internationale Karriere sein können, und zu gern wäre er zur Oscar-Gala gereist. Doch Produzent Helmut Ringelmann untersagte die Reise mit Hinweis auf unaufschiebbare Drehtermine für den „Kommissar“, und alle weiteren Anfragen aus Hollywood musste Wepper wegen eines noch über zwei Jahre laufenden TV-Vertrags absagen.
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Doch Deutschland ist ja auch ganz schön, und irgendwann hat sich der gebürtige Münchner dann fest im Wohnzimmer der TV-Gemütlichkeit eingerichtet. Durchaus ein Gegenentwurf zur eigenen Kindheit: Wo das Kaspertheater stand, war beispielsweise ein großes Loch im Boden, das Treppenhaus im ausgebombten Münchner Wohnblock hatte kein Dach, und der Vater war im Krieg geblieben. Wir sind als Kinder ins Aki-Kino am Bahnhof gelaufen, erzählten die Wepper-Brüder mal dem Magazin der Süddeutschen Zeitung, dort lief die Wochenschau mit Bildern von Kriegsheimkehrern, aber gefunden haben wir den Vater nie.
Der Bürgermeister Wolfgang Wöller aus „Um Himmels willen“ oder der Psychiater Dr. Wendelin Winter aus „Mord in bester Gesellschaft“, Weppers aktuelle Paraderollen, kennen solch düstere Dramen nicht. Deren Welt ist heil. Und wenn sie doch mal ein bisschen verkratzt scheint, dann bringen Wöller oder Winter das garantiert Ordnung, und für einen kleinen Scherz ist auch noch Platz. Fritz Wepper verteidigt das Genre aus vollem Herzen, gegen persönliche Schmähungen bringt er gar die großen Kanonen in Stellung.
Familienfrieden im Hause Wepper
Atze Schröder kann ein Lied davon singen. Der Comedian hatte Weppers Affäre mit einer wesentlich jüngeren Frau rabiat auf der Bühne verhackstückt und wurde daraufhin wegen Beleidigung verklagt. Da hört der Spaß nämlich auf für einen Schauspieler, der zum Markenzeichen harmonischer Zufriedenheit wurde.
Die Affäre ist inzwischen beendet, und mit Tochter Sophie, die ihm beim „Mord in bester Gesellschaft“ zur Seite steht, demonstrierte er kürzlich in der NDR-Talkshow größten Familienfrieden. Auch Bruder Elmar ist Kumpel, kein Konkurrent. Man geht regelmäßig Fliegenfischen, verbringt das Weihnachtsfest gemeinsam (mit Kaspertheater?) und eigentlich kann man sie gar nicht mehr auseinander halten, den Wöller, den Winter, den Wepper.