Essen. Im ARD-Talk von Günther Jauch legt der Trierer Bischof Ackermann seinem umstrittenen Limburger Amtskollegen Tebartz-van Elst den freiwilligen Abscheid nahe. Es gebe einen „immensen Glaubwürdigkeitsverlust“. Allerdings verpasste die Runde, einen Bogen zu grundsätzlichen Problemen der Kirche zu schlagen.

In Berlin ringen Schwarze, Rote und Grüne um die Macht an der Spree. In den USA läuft ein Polit-Poker um den Haushalt der Supermacht, der immer mehr zur Bedrohung für die gesamte Weltwirtschaft wird. Im Mittelmeer spielt sich ein tödliches Flüchtlingsdrama ab, fast täglich ertrinken Menschen auf ihrem Weg nach Europa. Und worüber diskutieren sie bei „Günther Jauch“? Über einen Bischof aus dem beschaulichen Limburg. Was ist da passiert?

Seit bekannt wurde, dass beim neuen Bischofssitz in Limburg die Baukosten völlig aus dem Ruder gelaufen und von einst veranschlagten 2,5 auf mittlerweile 31 Millionen Euro förmlich explodiert sind, rangiert das Thema ganz oben in den Medien. Im Zentrum der Kritik: Bischof und Bauherr Franz-Peter Tebartz-van Elst (53). Von Bild („Protz-Bischof“) über die FAZ („Showdown im Vatikan“) bis zum Spiegel („Gottes teurer Diener“) beherrscht der Oberhirte die Schlagzeilen. Die ARD fuhr mit einer Brennpunkt-Sendung zum Limburger Skandal einen Quoten-Hit ein. Die Affäre um den selbstherrlichen und verschwenderischen „Fürstbischof vom Domberg“ (Welt) elektrisiert ganz offensichtlich viele Menschen, nicht nur Katholiken. Das Empörungspotenzial ist enorm. Klar, dass da auch Jauch nicht außen vor sein wollte.

„Immenser Glaubwürdigkeitsverlust“ von Bischof Tebartz-van Elst

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Nein, Tebartz-van Elst selbst saß nicht in der Jauch-Runde. Er war am frühen Morgen mit einem Billigflieger gen Rom geflogen, wohl um mit dem Papst seine Sache zu besprechen. Dafür war Stephan Ackermann dabei, als Bischof von Trier quasi Nachbar des Limburgers. Doch Entlastung konnte Tebartz-van Elst von seinem Amtskollegen nicht erwarten. Der „immense Glaubwürdigkeitsverlust“ des Bischofs mache es unmöglich, dass Tebartz-van Elst in Limburg weiterhin arbeiten könne. „Ein Bischof muss wahrhaftig sein“, so Ackermann. Dies sei bei dem Limburger Oberhirten nicht mehr gegeben. Für seinen Kollegen hatte Ackermann immerhin noch Mitgefühl: „Er tut mir menschlich Leid.“

Weitaus härter war Jochen Riebel in den letzten Tagen mit Tebartz-van Elst ins Gericht gegangen. Der Bischof sei „entweder ein raffinierter Betrüger oder ein kranker Mann“ hatte er geurteilt. Riebel ist einer von drei Männern im Vermögensverwaltungsrat des Bistums. Angesprochen auf die 31 Millionen Euro, die der neue Bischofssitz in Limburg (bisher) gekostete hat, beschuldigte Riebel Tebartz-van Elst erneut: „Er wollt alles dazu tun, dass die Zahl nicht öffentlich wird.“ Im übrigen: Er habe es schließlich mit einem hohen Geistlichen zu tun. Riebel selbst will von der Kostenexplosion nichts mitbekommen haben – schließlich sei der Vermögensverwaltungsrat nur ein beratendes Gremium und kein „kontrollierender Aufsichtsrat“. Ganz überzeugend wirkte das kaum, und nicht nur Bischof Ackermann fragte sich, ob es „im Vorfeld“ nicht doch die Gelegenheit gegeben habe zu sagen: „Hier läuft etwas aus dem Ruder.“ Ließ man Tebartz-van Elst letztlich auch ins offene Messer laufen?

Fall Limburg sei „Teil eines strukturellen Problems in der Katholischen Kirche“

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Leider misslang es der Runde, in der weitgehend Einigkeit über die Verfehlungen des Limburger Bischofs bestand, vom Fall Tebartz-van Elst den Bogen zu schlagen zu der Frage, ob die Affäre um Bischofsresidenz und Erste-Klasse-Flüge womöglich sinnbildlich stehen für ein Problem der Katholischen Kirche insgesamt: nämlich der Abgehobenheit der Oberhirten und die Diskrepanz zwischen Predigen und eigenem Handeln. Allein die Journalistin Christiane Florin wagte einmal den Einwurf, der Fall Limburg sei „Teil eines strukturellen Problems in der Katholischen Kirche“. Mehr nicht. Eine verpasste Chance.

Aber dann war da auch noch Norbert Blüm als Gast bei Günther Jauch. Als langjähriger Sozialminister Helmut Kohls galt der katholische Christdemokrat als „Herz-Jesu-Marxist“. Die profanen Dinge waren es eigentlich nicht, die Blüm an diesem Abend interessierten. Nicht Zölibat oder Frauenpriestertum. Ihm ging es um die „existenziellen Fragen“ , etwa: „Gibt es Gott? Und hat er dich gern?“ Den „Gott der Liebe“ gelte es zu entdecken. Blüm zeigte sich begeistert von dem neuen „Papst aus der Nachbarschaft“, der frisch wie ein „Frühling“ über die katholische Welt komme – und nun drohe der „Eishagel aus Limburg“ dieses zarte Pflänzlein wieder zu zerstören. Während Franziskus die skandalträchtige Vatikanbank aus der Schattenwirtschaft zerre und deren Geschäft transparent mache, praktiziere das Gegenteil. „Aber auch die Kirche muss Rechenschaft ablegen über ihre Finanzen.“

Die Zeit von Tebartz-van Elst als Bischof von Limburg dürfte abgelaufen sein

Alle auf einen, also? Tebartz gegen den Rest der Welt? Halt! Da war ja noch Manfred Lütz, Mediziner, Theologe und eifriger Buchautor („Gott – eine kleine Geschichte des Größten“). Er mahnte, dass man denjenigen, der ohnehin schon am Boden liegt, nicht auch noch tritt. So wie jetzt bei dem Limburger Bischof. „Und der Mann ist jetzt am Boden“, so Lütz’ Diagnose. Da müsse man ihn jetzt „nicht noch tiefer runterdrücken“. Ja, er fürchte gar die „Vernichtung eines Menschen“. Trotzdem: In der Sache stand auch Lütz skeptisch zu Tebartz-van Elst.

Am Ende bestand bei Günther Jauch dann weitgehend Einigkeit darüber, dass die Zeit von Tebartz-van Elst als Bischof von Limburg abgelaufen sein dürfte. Immerhin, laut Kirchenmann Ackermann, bleibt dem Mann aus Limburg der Titel eines Bischofs auf Lebenszeit. Auch er glaubt offenbar aber an den baldigen Ruhestand für Franz-Peter Tebartz-van Elst. Wie hätte Norbert Blüm früher gesagt: Die Rente ist (ihm) sicher.