Cher wehrt sich bei „Wetten, dass..?“ gegen Lanz‘ Anzüglichkeiten
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Bremen. . Ohne Co-Moderatorin Cindy aus Marzahn, aber mit den gleichen monotonen Interviews: Das ZDF-Experiment, das Unterhaltungs-Schlachtschiff „Wetten, dass..?“ allein in die Hände von Markus Lanz zu legen, ist krachend gescheitert. Der Moderator leistete sich mehr Peinlichkeiten als ein TV-Abend verträgt.
Es gab eine Zeit, da war „Wetten, dass..?“ wie eine Tüte Colorado von Haribo: Mal fand man Leckeres, mal biss man auf zähe Kost, aber irgendwann war die Tüte leer, beziehungsweise die Sendung vorbei, ohne dass man sich erklären konnte, wo der Inhalt geblieben war, beziehungsweise der Samstagabend.
Lang ist es her. „Wetten, dass..?“ mit Markus Lanz ist wie eine Packung Kaugummi von der ganz billigen Sorte. Ganz kurz hat man ein wenig Geschmack im Mund, doch schon nach wenigen Augenblicken wird es schal, eigentlich schmeckt es nach gar nichts mehr. Und je länger man dran kaut, desto härter und trockener wird es.
Markus Lanz betatscht die „Wetten, dass..?“- Gäste wie einst Gottschalk
Das hat sich seit dem Auftritt von Tom Hanks sogar schon bis Hollywood rumgesprochen. Dieser hatte nach einem „Wetten, dass..?“-Besuch Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit der deutschen Fernsehmacher und –zuschauer geäußert. Dass Lanz zur 207. Ausgabe von „Wetten, dass..?“ wieder internationale Prominenz auf seiner Couch begrüßen durfte, liegt an der großen Reichweite. Wer auf dem deutschen Markt ein neues Album oder einen neuen Film bewerben will, findet kein besseres Forum als „Wetten, dass..?“.
Dennoch schien sich US-Schauspieler Harrison Ford noch auf der Couch an Tom Hanks’ vernichtende Sendungskritik zu erinnern. Zunächst betatschte Lanz ihn in einer Art, die bei Gottschalk-Geschädigten alte Traumata wieder aufleben ließ. Dann outete sich Lanz als „Riesenfan“, der aber nicht einmal nachhakte, als Ford eine weitere „Indiana Jones“-Fortsetzung andeutete.
Dennoch beteuerte der Schauspieler, der neben einer skurrilen Wette (junger Mann wirft Eier über Zelt und versucht, sie auf der anderen Seite mit Pfanne aufzufangen) auch noch Helene Fischer hinnahm, was für eine große Freude und Ehre es für ihn sei. Der Mann bewies am Samstagabend Selbstdisziplin.
Cher reagiert schlagfertig auf sexuelle Anzüglichkeiten von Lanz
Gleiches galt auch für den zweiten Mega-Star, der sich die „Wetten, dass..?“-Couch antat, um seine neueste Veröffentlichung zu bewerben: Cher überzeugte mit starkem Gesang – und schlagfertigen Antworten auf sexuelle Anzüglichkeiten eines unmöglichen Moderators: „Sie kannten Jimi Hendrix. Hatten Sie was mit ihm?“ Was soll man dazu noch sagen? „Ein freundliches Gespräch“, erwiderte Cher.
Schauspieler Matthias Schweighöfer war Lanz' außergewöhnliches Bedürfnis nach Körperkontakt auch nicht verborgen geblieben: Nachdem der Moderator Ruth Maria Kubitschek mit Küsschen links, Küsschen rechts begrüßt hatte, drückte auch Schweighöfer zwei Bussis auf die Wangen des sichtlich perplexen Lanz.
„Rocky“-Star Sylvester Stallone plaudert aus dem Nähkästchen
Immerhin: Gegenüber „Rocky“-Star Sylvester Stallone verkniff sich Lanz sowohl Körper- als auch Anzüglichkeiten. Dafür entwickelte sich ein streckenweise sogar interessantes Gespräch, über das Leben des Hollywood-Stars, in dem Stallone beichtete, dass er zwölf Mal von der Schule geflogen sei.
Der inzwischen 67-Jährige geriet richtig in Erzähllaune und erklärte, weshalb seine tiefe Stimme manchmal ein Handicap war: Als Zwölfjähriger sei es ihm nicht gelungen, sich telefonisch mit einem Mädchen zu verabreden. Ihr Vater habe ihm – wegen der Stimmlage – nicht abgenommen, dass er noch ein Kind sei, und auf ein persönliches Treffen bestanden.
„Wetten, dass..?“ ohne Cindy – Lanz versucht selbst lustig zu sein
Dass das Gespräch ein seltener Lichtblick im trüben Morast schlechter Scherze und dumpfer Phrasen blieb, lag auch daran, dass Lanz zum ersten Mal auf seine Co-Moderatorin verzichten musste: Ohne Cindy aus Marzahn versuchte er, den witzigen Part, den bisher die Komikerin übernommen hatte, in sein Repertoire aufzunehmen. Dazu griff er sogar in die Witzekiste seines Vorgängers und wärmte einen alten Gottschalk-Spruch auf: An Scheidung habe er in seiner Ehe nie gedacht. Nur an Mord.
Zweifelsfreier Höhepunkt einer an Höhepunkten nicht reichen Sendung war einmal mehr die Kinderwette: Paula, zwölf Jahre, lief beinahe erfolgreich zehn Meter über Lippenfettstifte. Eine nette Idee, vorgetragen von einer sympathischen Kandidatin.
RTL leistet aktive Sterbehilfe für das Unterhaltungs-Schlachtschiff
Das ist es, was „Wetten, dass..?“ einmal ausgemacht hat. Und so könnte es sogar eine Zukunft für das Schlachtschiff der deutschen Fernsehunterhaltung geben. Logisch, das wäre immer noch kein Fünf-Gänge-Menü am Samstagabend, aber solide Hausmannskost, mit der sich ZDF auf einem weniger prominenten Sendeplatz nicht verstecken müsste. Das aktuelle Konzept dagegen, inklusive Fremdschäm-Gesprächen mit Weltstars, ist zum Scheitern verurteilt.
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