Islamabad. Sie träumen von der großen Karriere als Popstar. Doch den Kandidaten der Casting-Show “Pakistan Idol“ droht nicht nur die Blamage vor der strengen Jury. Konservative Islamisten verdammen die Show, die Taliban haben Sänger und Musiker im Visier.
Seit Stunden wartet Mariam Ahmad in der brennend heißen Sonne vor einem Veranstaltungszentrum in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad. Sie hofft auf ihre große Chance bei "Pakistan Idol". Vor kurzem begann das Casting für die Pop-Show. Hunderte junge Männer und Frauen haben schon ihr Glück versucht. Im Dezember sollen die ersten Sendungen über die Bildschirme flimmern. Die Macher erwarten Millionen Zuschauer.
"Pakistan Idol" werde helfen, Musiker zu fördern, meint Ahmad. Die Sendung habe dies ja auch in den USA oder Indien erreicht. "Sie gibt den Menschen eine Chance, ihre Talente zu zeigen."
Für Radikal-Islamisten ist die Musik moralisch anstößig
Ausgestrahlt wird die Casting-Show von Geo Television. Der Sender arbeitet mit dem Medienkonzern FreemantleMedia zusammen, der weltweit die "Idol"-Shows produziert. Auch "Deutschland sucht den Superstar" ist ein Ableger davon. "Die Show wird ganz Pakistan zum Singen bringen", heißt es auf der Facebook-Seite von "Pakistan Idol".
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Die Organisatoren haben die Schwelle für Bewerbungen niedrig angesetzt: Vorsingen kann jeder im Alter zwischen 15 und 30. Vorausgesetzt, die Kandidaten lassen sich nicht durch das Gewaltrisiko und die Kritik von religiösen Hardlinern abschrecken. Denn für die konservative muslimische Gesellschaft sind Sendungen wie "Idol" ein rotes Tuch.
"Pakistan Idol" verstoße gegen die Gesetze des Islam und gängige Moralvorstellungen, meint etwa der Religionsgelehrte Mufti Muneeb ur Rehman. "Dass Jungen und Mädchen frei miteinander verkehren, wie es solche Programme zeigen, ist weder im Islam noch in unserer Kultur erlaubt und das Singen von ordinären Liedern ist in unserer Religion absolut verboten", meint er. "Moralisch anstößige Musik fördert die Obszönität in der Gesellschaft und sexuelle Perversion."
Angst vor den Taliban
Mit der Meinung steht Rehman nicht allein da. Die radikalislamischen Taliban greifen in von ihnen kontrollierten Gebieten regelmäßig Musikläden an, sind gegen Schulbildung für Mädchen und verbieten Frauen, ohne männliche Begleitung das Haus zu verlassen.
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In den Taliban-Gebieten wagen sich nur wenige zu den Vorsingen. "Ich habe eine gute Stimme und würde gerne teilnehmen. Aber kann nicht wegen der Taliban", sagt eine 20-Jährige aus der nordwestlichen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa. Sie fürchtet, dass die Taliban herausfinden könnten, wer sie ist. In den vergangenen Jahren wurden mehrere Künstler in der Region ermordet.
Geo-Geschäftsführer Asif Raza Mir ist überzeugt, dass alles klappen wird. "Wir werden für die Teilnehmer, Jury und die Mitarbeiter Sicherheitsmaßnahmen treffen." Die ersten Vorsingen in Islamabad seien eine tolle Erfahrung gewesen, sagt Produzent Ahmir Mehood. "Ich kann keine genauen Zahlen nennen, aber Hunderte Jugendliche, Jungen und Mädchen, kamen zu den Vorsingen." Castings werden in den kommenden Wochen in allen größeren Städten abgehalten.
Streit auch in Facebook
Wie umstritten das Projekt ist, zeigt sich auch in den Kommentaren. Auf der Facebook-Seite gibt es nicht nur Lob und Vorfreude und die wohl zu erwartenden Beschwerden von abgewiesenen oder unzufriedenen Kandidaten. Geo TV sollte verboten werden, fordert ein Kommentar. "Gott hat seine eigene Gerechtigkeit. Jene, die solch vulgäre Dinge wie "Idol" machen, werden von Gott bestraft werden. Verflucht sei dieses falsche Vorsingen", schreibt etwa Muhammad A. B. Hashmi.
Die Macher hätten kein Ehrgefühl, schimpft Usman Rafique auf Facebook. "Das Land droht durch Erdbeben und Bombenanschläge zerstört zu werden, und sie starten "Pakistan Idol"." (dpa)