Leipzig. . Ein toller Einstieg, dann zieht es sich. Wer beim Leipziger „Tatort: Schwarzer Afghane“ dennoch dran geblieben ist, wurde mit einem starken Finale belohnt. Erzählt wurde eine Geschichte um Rache und erweiterten Freitod. Für den Knall-Effekt sorgte weißer Phosphor.
Eine alte Fernseh-Weisheit besagt: Ein Film muss die Zuschauer innerhalb der ersten 90 Sekunden gefangen nehmen, sonst zappt er weg. Regisseur Thomas Jahn und Drehbuch-Autor Holger Jancke ließen sich davon leiten und zauberten für den „Tatort: Schwarzer Afghane“ ein Intro, das sich im besten Sinn sehen lässt.
Zwei Jungs hängen frühmorgens kiffend vor einer Brücke ab. Damit wird beiläufig schon der Titel gerechtfertigt. Aber die Szene hat auch eine wichtige dramaturgische Funktion: Einer der beiden Hasch-Raucher sieht eine schwarze Rauchfahne über einer Lagerhalle, dann läuft ein Mann über die Wiese zwischen Gebäude und Brücke. Der junge Mann hält zum Spaß die glühende Seite des Joints über den Mann, als wolle er ihn anzünden. Plötzlich wird der schwarzhumorige Jux Wirklichkeit: Der Mann geht in Flammen auf – und stirbt.
Warum verbrannte das Opfer?
Derweil kommt Kommissar Keppler (cool, weil knochentrocken: Martin Wuttke) aus dem Vietnam-Urlaub zurück. Die Erholung geht direkt am Flughafen flöten – der Kripo-Mann muss seinen Koffer filzen lassen. Nach üblicher Krimi-Logik wird er noch während der Kontrolle zum Tatort gerufen. Seinen Koffer lässt er stehen. Folge: Keppler läuft während der gesamten Ermittlungen in denselben Klamotten herum.
TatortKeppler und Kollegin Saalfeld (Simone Thomalla) stehen vor drei Fragen: Wer ist der Tote? Was ließ den Toten verbrennen? Und wer, bitte, ist der schmierige Lederjacken-Typ (Anatol Taubmann), der am Tatort etwas findet und damit vor den Kripo-Leuten flieht?
Regisseur Jahn und Autor Jancke geben mit dem Titel ein klares Programm-Versprechen: Der Fall hat mit Afghanistan zu tun, mit der Kriegsgeschichte des Landes in den vergangenen Jahrzehnten. Einer Geschichte, die mit dem Einmarsch der Sowjets in den 70ern in Afghanistan begann. Einer Geschichte, die für individuelles Elend sorgte – und schlechtes Gewissen.
Eine wendungsreiche Tatort-Geschichte
Jahn und Jancke wollen es sich nicht leicht machen. Deshalb haben sie eine wendungsreiche Geschichte erfunden, in der Spediteur Müller (Sylvester Groth) und seine deutsch-afghanische Tochter Mette (Haley Louise Jones), eine sexuell unterversorgte Physik-Professorin (Margit Sartorius) und nicht zuletzt zwei Afghanen, die beide von Kostja Ullmann verkörpert werden, schillernde Rollen spielen. Einer der beiden, Arian Bakhtari, verlor seine gesamte Familie durch eine fehlgeleitete westliche Rakete.
Und das wiederum bedeutet, dass der mittelprächtige Krimi letztlich doch eine eher schlichte Geschichte um Rache und erweiterten Freitod erzählt. Allerdings mündet sie in einem respektabel spannenden Finale auf dem Leipziger Flughafen. Den Knall-Effekt garantiert weißer Phosphor.
Was aber das Teufelszeug mit Eva Saalfelds Erinnerungen an Ferienlager an der Ostsee zu tun haben, bleibt ihr Geheimnis.
Die Tatort-Kommissare