Essen. In „Mutter muss weg“ brillieren Judy Winter und Bastian Pastewka als Mutter und Sohn. Sie sind in inniger Hassliebe verbunden, spielen miteinander Katz und Maus. Und das Ganze so wundervoll wendungsreich, dass der Zuschauer den Ausgang kaum raten kann.

Wenn das kein Dilemma ist: Miteinander können sie nicht, ohne einander aber auch nicht. „Mutter muss weg“ (Donnerstag, 20.15 Uhr im ZDF) befindet Tristan als Muttersöhnchen, das nicht erwachsen werden darf. Aber seine überdrehte Mutter Hannelore, gespielt von Judy Winter, scheint ähnlich über ihren Sohn zu denken. Die Komödie wirkt wie eine Hommage an Loriots „Ödipussy“.

Drehbuch-Autor Marc Terjung hat die klassische Konstellation im Umgang mit Sex verdreht: Die junge Generation ist verklemmt, die ältere lässt es 68er-mäßig krachen. Pastewka spielt, wie so oft, einen überkorrekten Mann. Tristan heißt er, aber eine Isolde gibt es nicht in seinem Leben, er lebt allein. Und das hat seinen Grund: Tristans Mutter deckelt den großen Jungen nach Belieben. Er muss ihr zu Willen sein, für eine andere Frau ist da kein Platz.

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Tristan versucht, sich mit einer skurrilen Geschäftsidee selbstständig zu machen. Der ewige Junge glaubt, den Retro-Trend bei Frauen ausgerechnet mit nostalgischen Puppenhäusern bedienen zu können. Seine Mutter stampft seine Idee mit Wucht in den Boden.

Keine tränentrübe Therapie-Tragödie

Kein Wunder, dass es in ihm brodelt. Erschwerend kommt hinzu, dass sich seine extrovertierte, immer noch männerverschlingende Mutter weigert, ihm den Namen seines Vaters nennen. Was lange gärt, wird endlich Wut.

Das klingt nach tränentrüber Therapie-Tragödie. Von wegen. Pastewkas Haus-Autor Terjung macht das exakte Gegenteil daraus, mit Geschick und Geschmack, alles andere als albern. Aus Mordgelüsten wird ein Mordsspaß.

Geschichte zwischen Scherz und Schmerz

Terjungs Geschichte balanciert brillant zwischen Scherz und Schmerz, und sie ist so wendungsreich, dass der Zuschauer ihren Ausgang kaum raten kann. Tristan und Hannelore, in inniger Hassliebe verbunden, spielen miteinander Katz und Maus. Tristan heuert Auftragskiller Josip (Albert Kitzel) an. Seine Mutter, so zäh wie listig, überlebt den Anschlag. Scheinheilig begleitet der Junior die jung gebliebene alte Dame zur Reha. Aber die nach wie vor äußerst lebenslustige Hannelore engagiert eine Masseurin (Rosalie Thomass), die nicht nur die Waffen der Frau einsetzt.

Bei Terjung treffen sich rohe Gewalt und feinsinnige Komik, finstere Psycho-Abgründe und funkelnde Dialoge. Sein Drehbuch arbeitet mit den Mittel einer guten Karikatur: Sie verzerrt nicht, sondern arbeitet durch Überzeichnung das heraus, was sonst nicht recht erkennbar ist.

All-Star-Besetzung läuft in jeder Szene zur Bestform auf

Grimme-Preisträger Edward Berger und Kamerafrau Jana Marsik garnieren den Film mit Bildern, die ihn weit über das übliche Mittelmaß hinausheben. Rückblenden werden optisch leicht von der aktuellen Handlung abgesetzt, in dem die Bilder leicht verblichen wirken. Zudem schwelgen Berger und Marsik im edlen Ambiente der besserbürgerlichen Gesellschaft.

Eine Hommage an Loriot

Fast ein halbes Jahrhundert begleitete Vicco von Bülow alias Loriot mit seinem Humor wie kaum ein anderer den Alltag und das kulturelle Leben in Deutschland.
Fast ein halbes Jahrhundert begleitete Vicco von Bülow alias Loriot mit seinem Humor wie kaum ein anderer den Alltag und das kulturelle Leben in Deutschland. © ddp
Sein Rezept:
Sein Rezept: "Das Lachen über mich ist ein Lachen des Wiedererkennens." Dazu gehöre auch eine gute Portion Selbstironie.
Nur über ein Thema, da mochte der gläubige von Bülow keine Witze machen.
Nur über ein Thema, da mochte der gläubige von Bülow keine Witze machen. "Der Tod, auch der eigene, ist für mich eine ernste Sache." Zunehmend gebrechlich hatte er sich im Kreis seiner Familie auf diesen Tod vorbereitet.
 Mit seiner Frau Romi, die er 1951 geheiratet hatte, erlebte er noch die Eiserne Hochzeit.
Mit seiner Frau Romi, die er 1951 geheiratet hatte, erlebte er noch die Eiserne Hochzeit.
Die Stiftung
Die Stiftung "Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" präsentierte in Bonn vom 19. September 2009 bis zum 28. Februar 2010 eine Ausstellung über sein Lebenswerk: "Loriot. Die Hommage." © ddp
Die Ausstellung präsentierte rund 300 Exponate: darunter Sketche, Spielfilmausschnitte und Zeichnungen von den Anfängen bis zur jüngsten Gegenwart. © Loriot / Mit freundlicher Genehmigung des Diogenes Verlags Zürich
Die Ausstellung präsentierte rund 300 Exponate: darunter Sketche, Spielfilmausschnitte und Zeichnungen von den Anfängen bis zur jüngsten Gegenwart. © Loriot / Mit freundlicher Genehmigung des Diogenes Verlags Zürich © Loriot
Auch Fotografien, Dokumente, Modelle von Bühnenbildentwürfen und Filmrequisiten waren bewundern. Hier ein Modell für das Bühnenbild der Oper „Martha“. ©Vicco v. Bülow, Foto: Marian Stefanowski
Auch Fotografien, Dokumente, Modelle von Bühnenbildentwürfen und Filmrequisiten waren bewundern. Hier ein Modell für das Bühnenbild der Oper „Martha“. ©Vicco v. Bülow, Foto: Marian Stefanowski © © Vicco v. Bülow, Foto: Marian Stefanowski, 2008
Hier posierte Loriot im Jahr 2003 in den Räumen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München mit plastischen Darstellungen seiner berühmten
Hier posierte Loriot im Jahr 2003 in den Räumen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München mit plastischen Darstellungen seiner berühmten "Knollennasenmännchen"
Ein brillantes Duo bei der Zimmerverwüstung in Loriot II: Evelyn Hamann zusammen mit Loriot. © Do Leigirries/ Radio Bremen
Ein brillantes Duo bei der Zimmerverwüstung in Loriot II: Evelyn Hamann zusammen mit Loriot. © Do Leigirries/ Radio Bremen © © Radio Bremen, Foto: Do Leigirries
Hier saßen Evelyn Hamann und Vicco von Bülow nach der Aufzeichnung einer Sendung anlässlich des 60. Geburtstags der Schauspielerin zusammen.
Hier saßen Evelyn Hamann und Vicco von Bülow nach der Aufzeichnung einer Sendung anlässlich des 60. Geburtstags der Schauspielerin zusammen.
Das Beste am guten Morgen: Eine Phasenzeichnung von
Das Beste am guten Morgen: Eine Phasenzeichnung von "Das Frühstücksei" aus Loriot III. © Radio Bremen © © Radio Bremen
Gerne schlüpfte Loriot in ulkige Rollen: als Peter Merseburger flimmerte er 1972 über die Mattscheibe. ©SWR/ Foto: Hugo Jehle
Gerne schlüpfte Loriot in ulkige Rollen: als Peter Merseburger flimmerte er 1972 über die Mattscheibe. ©SWR/ Foto: Hugo Jehle © SWR/Hugo Jehle © SWR (SDR) Foto: Hugo Jehle
Mittlerweile Kult-Status hat die Fernsehreihe Loriot I bis VI, die zwischen 1976 und 1978 erstmals zu sehen war.© Radio Bremen
Mittlerweile Kult-Status hat die Fernsehreihe Loriot I bis VI, die zwischen 1976 und 1978 erstmals zu sehen war.© Radio Bremen © © Radio Bremen
Zwei Knoll-Nasen auf der Rennbahn: Ein Loriot-Cartoon aus dem Jahre 1972. © Vicco v. Bülow
Zwei Knoll-Nasen auf der Rennbahn: Ein Loriot-Cartoon aus dem Jahre 1972. © Vicco v. Bülow © © Vicco v. Bülow
Komische Visionen in Schwarz-Weiß: Loriot mit der Vorausschau auf die Cartoon-Sendung im Jahr 2011, ausgestrahlt im Jahre 1972. © SWR /Foto: Hugo Jehle.
Komische Visionen in Schwarz-Weiß: Loriot mit der Vorausschau auf die Cartoon-Sendung im Jahr 2011, ausgestrahlt im Jahre 1972. © SWR /Foto: Hugo Jehle. © SWR
Mit Schnauzbart und lang wallendem Haar verkörpert Loriot einen Jungfilmer. © SWR / Foto: Hugo Jehle.
Mit Schnauzbart und lang wallendem Haar verkörpert Loriot einen Jungfilmer. © SWR / Foto: Hugo Jehle. © SWR/Hugo Jehle © SWR (SDR) Foto: Hugo Jehle
Da Frauen und Männer einfach nicht zusammenpassen, bringt Loriot die
Da Frauen und Männer einfach nicht zusammenpassen, bringt Loriot die "Ladies" alleine aufs Papier, zum Beispiel in der Bildserie "Nachtschattengewächse".© 2008 Loriot © Loriot
Niemals schadenfroh, doch mit scharfem Blick für die tragikomischen Seiten des Lebens und für das Chaos, das hinter jedem Versuch lauert, die Welt zu ordnen: Loriot.
Niemals schadenfroh, doch mit scharfem Blick für die tragikomischen Seiten des Lebens und für das Chaos, das hinter jedem Versuch lauert, die Welt zu ordnen: Loriot. © Getty Images
Ein Anachorman verliest die letzte Meldung:Vicco von Bülow als Nachrichtensprecher.© SWR/ Foto: Hugo Jehle
Ein Anachorman verliest die letzte Meldung:Vicco von Bülow als Nachrichtensprecher.© SWR/ Foto: Hugo Jehle © © SWR (SDR) Foto: Hugo Jehle
Scharfe Kufen auf dem Eis:  Das Werk
Scharfe Kufen auf dem Eis: Das Werk "Schlittschuh" aus der Bildserie "Nachtschattengewächse 2006". © Loriot © © Loriot
Preisgekrönter Künstler: Für seine künstlerischen Arbeiten und sein Lebenswerk erhielt Vicco von Bülow zahlreiche Auszeichnungen, Film- und Literaturpreise.
Preisgekrönter Künstler: Für seine künstlerischen Arbeiten und sein Lebenswerk erhielt Vicco von Bülow zahlreiche Auszeichnungen, Film- und Literaturpreise. © Getty Images
Im Angesicht der Cartoonfigur: Autor, Schauspieler und Regisseur Vicco von Buelow (m.), alias Loriot, und die Maske (r.), nach deren Vorlage von Buelow für einen Sketch von einer Maskenbildnerin zurecht gemacht wurde.
Im Angesicht der Cartoonfigur: Autor, Schauspieler und Regisseur Vicco von Buelow (m.), alias Loriot, und die Maske (r.), nach deren Vorlage von Buelow für einen Sketch von einer Maskenbildnerin zurecht gemacht wurde. © ddp
Diese Wohlfahrtsmarken tragen Loriot-Motive.
Diese Wohlfahrtsmarken tragen Loriot-Motive.
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Pastewka mimt mit hängenden Schultern und schlurfendem Gang einen Klemmi, dessen Energie, ähnlich wie Donald Duck, bestenfalls strohfeuerartig auflodert. Judy Winter gibt als Hippie-Diva richtig Gas, sie lebt und liebt das kraftvoll Schrille. Dazu kommt, dass das ZDF der Ziegler-Produktion eine All-Star-Besetzung spendierte, die noch in der kürzesten Szene zur Bestform aufläuft.

Bleibt zum Schluss die Frage, warum diese Komödie nicht bei Pastewkas Stammsender Sat.1 läuft. Böse Zungen antworten: Der Film war dem Bällchen-Sender wohl zu intelligent.