Essen. „Auslandseinsatz“ ist ein Stück deutsches Qualitätsfernsehen. In der erdachten Geschichte geht es um „Isaf“-Soldaten, die helfen sollen, ein Dorf in Afghanistan wieder aufzubauen. Dieses war von US-Bombern versehentlich dem Boden gleichgemacht worden.
Weltpolitik als individuelle Tragödie, das hat uns schon Friedrich Schiller eingebrannt, ist nur auf den ersten Blick eine Verkleinerung. Längst bedienen sich Dokumentationen dieser Technik. Schwerer haben es Fiktionen, die sich aktuellen Themen stellen. Viele von ihnen gelten als dick aufgetragen, scherenschnitthaft, „gespielt“ eben.
Da ragt „Auslandseinsatz“, ARD, Mittwoch um 20.15 Uhr, als Stück deutschen Qualitätsfernsehens heraus. Als wir Daniel und Ronnie, Emal und Sarah das erste Mal begegnen, blinzeln sie schon durch die staubigen Scheiben eines Militärtransporters. Drei Zeitsoldaten (und eine Sanitäterin) am Hindukusch. Vielleicht sind sie 24, 25 Jahre alt. Alles, was dieser „Auslandseinsatz“ bedeuten kann, steht ihnen ins Gesicht geschrieben: Green Card fürs Abenteuer, vaterländische Pflichterfüllung, gute und gut gemeinte Menschlichkeit und, tja, endlich mal Soldat zu sein außerhalb des Truppenübungsplatzes.
Man muss kein Drehbuch schreiben, um zu wissen, welche Risiken diese Ausgangslage birgt - aber Holger Karsten Schmidt gelingt ein kluger Zugriff. Schmidt erspürt die Tragik wechselnder Allianzen, vermisst den Graben zwischen Uniform und Überforderung.
Zeit für die Begegnung mit einer Katastrophe
Die „Isaf“-Boten sollen einem Dorf helfen. Die Schule haben US-Bomber aus Versehen vernichtet, die Tyrannei der Taliban kostete ein Mädchen des Dorfes die halbe Hand. Tatsächlich glückt den jungen Soldaten eine Annäherung. Doch mit dem Vertrauen weichen die Fronten anders auf als gewünscht. „Wir lassen unsere Mädchen in die Schule, und Ihr fackelt unser Opiumfeld nicht ab“ – ist das ein Geschäft für mehr Menschlichkeit?
Till Endemanns Regie lässt sich Zeit für die Begegnung mit einer Katastrophe, die seit Jahren Alltag ist. Er fordert Geduld von uns, und vermittelt ein Gefühl für die Hilflosigkeit der Helfer, denen der Einsatz alle Illusionen über einfache Lösungen raubt. Daniel (Max Riemelt) wird genötigt, den Tod eines Kindes zu vertuschen („Kollateralschaden“), Ronnie (Hanno Kofler) legt die Rambo-Rüstung mit jedem Tag ein Stück mehr ab. Emal (Omar El-Saeidi) holen die Schatten seiner Kindheit am Hindukusch ein.
Eskalation einer Extremsituation
Ein eher reißerisches Draufgänger-Finale könnte man dem Film ankreiden. Aber er wäre unehrlich und beschönigend, verzichtete er auf eine blutige Eskalation einer Extremsituation, in der das Menschenrecht kaum mehr ist als ein Anhaltspunkt.
„Auslandseinsatz“ ist eine erdachte Geschichte. Den Nachrichten der Korrespondenten steht ihr Rang darum nicht nach. Selbst in Schulen könnte der Film Anschauungsmaterial sein, einen Begriff zu machen von dem, was von den Schreibtischen der Weltmächte so plausibel klingt und in Menschengestalt zum Scheitern verurteilt ist.