Kabul.. Der Mord an 17 afghanischen Zivilisten in der Provinz schockt den Westen. Offenbar mussten die Männer und Frauen sterben, weil sie gefeiert hatten. Die Tat kann aber auch Taliban-Führer Mullah Omar nicht gefallen, denn sie widerspricht seinen Befehlen.
Schauriges Ende einer Party: 15 Männer und zwei Frauen wurden in der Nacht zum Montag laut Angaben der afghanischen Regierung erst verprügelt und dann ermordet. Enthauptet, wie die ersten Berichte gelautet hatten, wurde offenbar kein Opfer. Bei den Frauen handelte es sich um zwei Tänzerinnen vom Kuchi-Stamm, die wie Zigeuner durch Afghanistan ziehen und sich nicht an die strengen Sitten halten. Die Männer hatten scheinbar geglaubt, sich das Vergnügen des Zuschauens erlauben zu können, obwohl sie im tiefsten Talibanland lebten.
Ausbilder vom Hindukusch
Die Region in den Distrikten Musa Qala und Kajaki im Norden der Provinz Helmand zählt seit Jahren zu den schlimmsten Schlachtfeldern in Afghanistan. Viele Talibankämpfer, die in dem Gebiet sind, gingen vor ihrem Einsatz am Hindukusch durch die Koranschulen im pakistanischen Grenzgebiet. Die Medressen sind besonders berüchtigt, weil sie viele der fanatischen Selbstmordattentäter produzieren – und besonders radikale Kämpfer, die oft wenig auf die Anordnungen von Talibanchef Mullah Omar geben. Er hatte erst vor einigen Wochen verlangt, dass die Taliban Zivilisten schonen sollten.
Unmut der Bevölkerung über die Taliban wächst
Doch der Vorwurf, die 17 Mordopfer hätten „wilde Partys“ gefeiert, genügte der lokalen Talibangruppe offenbar für ihre blutrünstige Bestrafungsaktion. „Wir hatten während der vergangenen Wochen bereits mehrere Enthauptungen“, berichtete ein Dorfältester aus dem Gebiet. Gegenwärtig ist unklar, wie die Bewohner des Gebiets auf den Massenmord reagieren.
Aber in zwei anderen Provinzen Afghanistans mehreren sich die Zeichen, dass die lokale Bevölkerung unzufrieden mit manchen Methoden der radikalislamischen Milizen ist. In Laghman und Ghazni vertrieben sie Talibangruppen, die nicht auf ihre Forderungen eingehen wollten. Das wichtigste Motiv für die dortige Anti-Taliban-Bewegung: Die Milizen hatten sogar Schulunterricht für Jungen verboten. Ob sich aus der begrenzten Gegenwehr eine nationale Bewegung bilden wird, ist gegenwärtig noch unwahrscheinlich.
Angriffe auf Soldaten sind oft nicht von Taliban verübt
Einstweilen können die Taliban die zahlreichen Attacken afghanischer Polizisten und Soldaten auf ausländisches Militärpersonal als ihre eigenen Erfolg darstellen. 42 Nato-Soldaten kamen in diesem Jahr bereits durch solche Angriffe ums Leben.
Doch oft sind nicht die Taliban für die tödlichen Zwischenfälle verantwortlich, sondern falsches Verhalten des Nato-Personals. Afghanen ist oft die persönliche Ehre wichtiger als das Leben, und ausländische Soldaten verletzen gerne aus Unwissenheit oder Arroganz diese rote Linie.