Essen. Die erfolgreiche Drogeriekette dm ist nicht so sauber wie angenommen. Während Qualität und Preis stimmen, geht man bei der Fairness offenbar Kompromisse ein. Ist dm Partner der skrupellosen „Palmöl-Mafia“ in Indonesien? dm-Gründer Götz Werner hat ein paar Ölflecken auf seiner weißen Weste.
„Ich bin dm-süchtig“, sagt ein junges Mädchen direkt zum Start der neuen Folge vom ARD-Markencheck. Süchtig nach dm, nach seinen günstigen Produkten und seinen Eigenmarken „Balea“, „denk mit“ und „p2“ sind viele Menschen in Deutschland. In vielen deutschen Badezimmern, Abstellkammern oder Küchen schlummern dm-Produkte – nicht ohne Grund hängt dm seine Konkurrenten Rossmann und Schlecker spielend ab. dm erzielt unter den dreien mit 4,5 Milliarden Euro den höchsten Umsatz – trotz einer deutlich geringeren Anzahl an Filialen.
Nach dem ARD-Markencheck muss die Geschichte Deutschlands erfolgreichster Drogeriekette nicht neu geschrieben werden. Die Recherchen ergeben: Die Produkte sind gut und okay, die Mitarbeiter in Deutschland werden fair behandelt. Ein Verdi-Mann lobt das Unternehmen als „guten Arbeitgeber“.
Hat dm etwas mit der "Palmöl-Mafia" zu tun?
Einen Wermutstropfen gibt’s dann aber offenbar doch: Um Haarshampoos für 65 Cent anzubieten, kooperiert dm womöglich mit Unternehmen, die Menschen in Indonesien skrupellos ausbeuten. Zumindest will oder kann dm nicht offenlegen, woher das Palmöl in seinen Shampoos kommt.
Palmöl ist ein Rohstoff für Kosmetik-Artikel. Der ARD-Markencheck zeigt schockierende Bilder von angeschossenen Bewohnern in Indonesien, die der „Palmöl-Mafia“ (Greenpeace) und ihren Plantagen weichen mussten. Wenn dm also vermutlich Partner von diesen skrupellosen Unternehmen ist, passt das natürlich nicht zum Öko-Image.
Aber wie man an den Formulierungen merkt: womöglich, offenbar, vermutlich. Der Markencheck hat dm keinen Skandal nachgewiesen, aber deutlich gemacht: dm ist doch nicht ganz sauber. Schließlich gibt dm-Chef Erich Harsch zu: „Wir sind ja nicht die einzigen, die das tun“. dm-Gründer Götz Werner legt nach: „Verantworten muss es der Hersteller und wir haben ja verantwortungsbewusste Hersteller.“
Das setzt er so voraus, ist ja auch einfach. Die Bilder aus Indonesien waren für solche Floskeln zu krass. Dass dm bei zahlreichen Produkten das Herstellungsland nicht angibt, bleibt unkommentiert. ARD-Recherchen zufolge kam eine dm-Kinderhose mit dem Etikett „Hergestellt für dm“ aus einer Nähfabrik in Bangladesch, wo geregelte Arbeitszeiten und faire Löhne unbekannt waren.
Keine bundesweit einheitlichen Preise
Überhaupt wirkt dm-Gründer Götz Werner alles andere als sympathisch, wenn er die Fragen der Journalisten belächelt. Dass Produkte in Hannover zwischen 20 Cent und einem Euro günstiger sind als in Köln, findet er nicht anstößig, weil es ja der Kunde in Köln nicht merke. In Berlin entdeckt das ARD-Team Preisunterschiede von bis zu 32 Prozent. Der Dauerniedrigpreis ist bundesweit nicht einheitlich.
Eine echte Konfrontation mit dem Unternehmen dm gibt es im Markencheck nicht. Insgesamt schneidet dm gut ab. Ist diese Folge des Markenchecks zu brav oder ist dm einfach zu brav? Marketing-Experten heben die Strategie hervor, immer mehr Kunden zu binden – Rossmann werbe dagegen aggressiv mit Rabatten. „dm verführt dazu, zu verweilen, zu schlendern, zu schauen, zu probieren, zu testen, sich treiben zu lassen", sagt Wirtschaftspsychologe Guido Kiell vom Marktforschungsunternehmen „Grass Roots“.
dm-Filialen sind hell, einladend und clever gebaut. Kein schäbiges Neonlicht leuchtet von der Decke. Die Gänge sind deutlich breiter als in anderen Läden, Kinder- und Einkaufswagen passen nebeneinander. Die Regale stehen extra schräg, so dass die Kunden selbst beim flüchtigen Vorbeigehen möglichst viele Produkte registrieren.
Der Preis stimmt
Und der Preis? Der stimmt auch. Ein zufällig gemixter Warenkorb der ARD-Reporter bei dm ist zehn Euro günstiger als bei Schlecker. Auch die Qualität sei ordentlich, so das Fazit der „Markenchecker“. Ein ungewöhnliche Bilanz, weil nur vier Produkte der dm-Eigenmarke mit einem teureren Markenprodukten verglichen wurden – ein wirklicher Stresstest war das für die Drogeriekette nicht.
Zumal nicht Wissenschaftler testeten, sondern eine Zumba-Tanzgruppe. Und diese Tanzgruppe bewertete dm nur einmal besser als das Markenprodukt, nämlich beim Spülmittel-Vergleich von „denk mit“ und „Pril“; der Nagellack (p2 gegen Manhattan) kam gleich gut weg, Rasiergel (Balea gegen Nivea) und Shampoo (Balea gegen L'Oreal) schnitten schlechter ab. Das ist dann eher Hobby-Statistik als ein echter Markencheck.