Essen. Die schlechtesten Sänger von „Deutschland sucht den Superstar“, Joey und Kristof, sind eine Runde weiter. Hamed fliegt raus. Dieter Bohlen verlässt den Saal – und RTL sucht verzweifelt nach Pseudo-Skandalen. Die Show ist angezählt.
Hamed Anousheh ist raus. Dabei gehörte er in der Mottoshow „Ab in den Süden“ mit dem Chartshit „Heart Skips A Beat“ noch zu den besseren Karaoke-Sängern bei DSDS. Aber wen interessiert das eigentlich noch, nach dem historischen Moment, an dem Dieter Bohlen genug von seiner eigenen Show gesehen hatte?
Dieter Bohlen schmeißt seine Ohrstöpsel genervt weg, verlässt den Saal. Er kann den krächzenden DSDS-Kandidaten Joey Heindle mit „Love Is In The Air“ nicht mehr ertragen. Der Stuhl des Pop-Titans ist verwaist. Der Kameramann hält voll drauf. Nahaufnahme. Welch eine Dramatik! Merkwürdig: Die Regie ist nicht überrascht, zeigt die Jurykollegen Bruce Darnell und Natalie Horler im Detail, zeigt den Gang von Dieter Bohlen in die Dunkelheit.
Er wollte Joey vor seiner Kritik schonen, erklärt Bohlen später seinen zwischenzeitlichen Abgang. Um dann doch zu sagen, dass ihm der Gesang in den Ohren geschmerzt habe. Dass er, Bohlen, diesen Kandidaten mit in die Mottoshows genommen hatte: geschenkt. Geradezu schizophren mutet es an, wenn Bohlen in der Entscheidungsshow wieder lächelt und klatscht, als der schwache Kandidat Joey weiterkommt.
Bohlen: DSDS-Kritiker sind nur neidisch
Die Show „Deutschland sucht den Superstar“ ist angezählt. DSDS funkelt nicht mehr als Quotenstern am Samstagabend. Die allermeisten Stimmen sind dünn. Fiese, einstudierte Bohlen-Sprüche: Fehlanzeige. Und jetzt kommen auch noch Vorwürfe, RTL schreibe für jeden Kandidaten Drehbücher und verzerre. Was zur Hölle ist da los? Moderator Marco Schreyl will schnell eine Einschätzung vom Pop-Titan Bohlen. DSDS habe keine Probleme, sagt Bohlen, und hält alle Kritiker für neidisch. „Wir haben doppelt so viele Zuschauer wie diese tolle Echo-Verleihung.“ Und DSDS sei die Castingshow mit der besten Quote.
Dass DSDS aber sehr wohl Probleme hat, zeigt die Hilflosigkeit, mit der die Dramaturgen auf der Suche nach inszenierten Pseudo-Skandalen sind. Dem einzig verbliebenen 16-jährigen Mädchen Fabienne Rothe wird eine Liebelei mit dem später rausgeflogenen Hamed nachgesagt. Ihr Auftritt mit „36 Grad“ (2Raumwohnung) ist zu langweilig, um ihn länger zu analysieren. Fabienne bietet wenig Spannendes, sondern „sehr viel Lillifee“, wie Bohlen anmerkte.
Kristofs Homosexualität bei DSDS wichtiger als Gesang
Im glitzernden Wolken-Blazer zwischen blinkenden Regenbogen-Farben schmettert Kristof Hering schließlich „Über den Wolken“ von Dieter Thomas Kuhn. Um den Gesang geht’s in der Jury-Kritik später nicht. Thema ist einzig und allein: Kristof ist schwul und wird fertig gemacht. Zuerst von Daniele, der ihn als „Scheiß-Schwuchtel“ beschimpft hatte, dann von DSDS-Zuschauern, die in sozialen Netzwerken übel nachlegten.
Den feinfühligen Pop-Titan Dieter Bohlen schmerzt das noch immer. Bohlen holt weit aus, wird gar philosophisch. Für RTL-Verhältnisse. Er spricht von theoretischer und praktischer Freiheit, spricht vom Bundespräsidenten Joachim Gauck. Kommt vom Hölzken auf Stöcksken. Man könnte auch sagen: Er redet wirsches Zeug. Die simple Kernbotschaft: Lasst Kristof schwul sein.
Kandidat Daniele („Ich war ein asozialer Mensch“) hat mittlerweile mit Kristof in den Armen gelegen und geheult und sich mehrfach entschuldigt. Ihm tut seine Beleidigung so leid, dass er vor der Sendung als Transe mit High Heels und ausgestopftem BH herumgestöckelt ist – als Geste der Versöhnung. DSDS-Moderator Marco Schreyl stellt aber infrage, ob er sich damit bei der „Randgruppe“ (O-Ton) einschleimen könne. Übrigens: Der gesangliche Auftritt von Daniele („Ab in den Süden“) war für DSDS-Maßstäbe okay.
Zwei Schweizer kämpfen bei DSDS um den Titel
Um die weiteren Auftritte, die bei DSDS eh nur noch schmückendes Beiwerk sind, noch schnell pflichtgemäß abzuhandeln: Jesse Ritch bewies mit seiner Interpretation von „Danza Kuduro“ von Lucenzo feat. Don Omar seine Favoritenrolle. Neben Luca Hänni („Fields Of Gold“ von Sting) ist er der Einzige, der bei DSDS 2012 noch besser singt als ein talentierter Karaokebar-Besucher. Beide sind Schweizer. Bald ist einer von ihnen vielleicht Deutschlands „Superstar“.