Essen. . Ein Essener Musikstudent wirft Gerhard Wolters vor, bei seinem Auftritt in der ZDF-Show „Das Superhirn 2011“ getrickst zu haben. Tatsächlich gab es Absprachen und Nebenabsprachen. Der Mann mit den feinen Ohren spricht von einer besonderen “Technik“, die er nicht näher erläutern müsste.

Jörg Pilawa war beeindruckt von seinem Kandidaten. „Vor dem Mann verneigt sich jede Stimmgabel“, schwärmte der Moderator in seiner ZDF-Show „Deutschlands Superhirn 2011“ von Gerhard Wolters. Tatsächlich schien der aus Bochum stammende Musiklehrer Unglaubliches zu können: Der 48-jährige Wahl-Schweizer wollte erkennen können, welche Musiker eines Orchesters aussetzen. Der Essener Musikstudent Klaus Kauker (24) meldet Zweifel an. Er hält Wolters Nummer für einen Trick.

Dass Wolters sein Talent ausgerechnet an Lalo Schifrins Filmmusik „Mission: Impossible“ demonstrieren wollte, scheint ungewollt programmatisch zu sein. „Mission: Impossible“ heißt zu Deutsch: ein unausführbarer Auftrag.

Superhirn hörte eine Geige fehlen - oder doch nicht?

In der Show erschien es so, dass Wolters nicht nur ausmachen konnte, dass eine der insgesamt sechs ersten Geigen fehlte. Seine feinen Lauscher schienen sogar herauszuhören, dass Geige Nummer vier pausierte.

Wolters’ Auftritt ist in der Mediathek des ZDF nicht mehr abrufbar – wohl aber als Sieben-Minuten-Video auf der Internet-Plattform YouTube. Kauker hörte genau hin – und warf Wolters und dem Jugendsinfonieorchester Kassel vor, gemeinsam getrickst zu haben.

Das Orchester, sagt Kauker, habe die Komposition etwas verändert. Die Einleitung des Kino-Klassikers sei von vier auf sechs Takte erweitert worden. Wenn eine der insgesamt sechs Geigen aussetzte, spielten die übrigen Musiker laut Kauker kurzerhand höher.

Wolter spricht von einer besonderen "Technik"

Der angehende Komponist, der an der Folkwang-Universität der Künste studiert, behauptet, dass die übergroße Mehrheit der Menschen gar nicht heraushören könne, welcher Musiker in einem Orchester fehlt. „Das ist quasi unmöglich. Vielleicht schafft das ein Dirigent, der sein Orchester sehr gut kennt, aber sonst niemand.“

Und Wolters? Der Kandidat rechtfertigt sich auf Anfrage: „Es ist kein Trick, sondern eine Technik – und ebenso wie kein anderer Kandidat seine Technik erläutert hat, brauchte ich das auch nicht.“ Er sei aber für „Transparenz“. Deshalb erkläre er jedem gerne, unter welchen Umständen ich wie gehandelt habe“. Wolters weiter im Hinblick auf das Fernsehstudio: „Jeder Orchestermusiker oder auch Chorsänger weiß, dass ein guter Dirigent etwas am Orchester verändern muss, wenn es die Akustik erfordert.“

ZDF verteidigt das Superhirn

Auch beim Zweiten kann man keinen Missklang um das Supergehör von Gerhard Wolters erkennen. ZDF-Sprecher Peter Gruhne erklärte auf Anfrage, Wolters’ System sei bekannt gewesen – der Redaktion wie den wissenschaftlichen Beratern Martin Korte und Tobias Bonhoeffer. Allerdings wussten die Macher der Show nicht, dass Wolters wegen der schlechten Studio-Akustik mit den Musikern eine Nebenabsprache getroffen habe. Dafür gibt es für Wolters auch im Nachhinein keinen Satz heiße Ohren. Noch einmal Gruhne: „Der Kandidat hat auf jeden Fall eine außerordentliche Leistung vollbracht.“

Pilawa selbst mag sich nicht äußern. In diesem Fall, so scheint es, gehört Schweigen für ihn zum guten Ton.