Essen. . Die zweite Auflage des Kultkrimis mit dem Schauspieler Ulrich Tukur leidet unter der eigenen Selbstverliebtheit und dem Verlust der Handlung.
Eines ist klar: Dieser Tatort wird polarisieren. Ein Teil der Zuschauer wird nach 90 Minuten begeistert sein, wird die Geschichte von Drehbuchautor Daniel Nocke für hohe Kunst halten. Der andere Teil – und zu vermuten ist: der größere – wird das Machwerk schlicht als absurden Humbug abstempeln. Die Freunde des Kultkrimis müssen stark sein, wenn sie sich am Sonntag für den „Tatort – Das Dorf“ (ARD, 20.15 Uhr) entscheiden.
Selbst Hauptdarsteller Ulrich Tukur, der sich als LKA-Mann Felix Murot gefühlt mehr mit seinem Gehirntumor als seiner Umwelt unterhält, hat das Problem erkannt.
Der Schauspieler warnt vor der zweiten Kommissar-Murot-Folge. Die Episode werde viele „traditionelle ,Tatort’-Zuschauer verstören. Ich habe gedacht, der ,Tatort’ ist ein robustes Format, das sehr stark ist und viel aushält. Ich wollte es einfach so weit treiben wie möglich und einen ,Tatort’ machen, der mit dem Lösen eines Falles eigentlich gar nichts mehr zu tun hat“, sagte der 54-Jährige in einem hr3-Interview.
Tukur selbst warnt die Zuschauer
Er habe beim „Tatort“ das große Glück, „dass ich viel selbst bestimmen darf und etwas machen kann, was man in Deutschland gar nicht machen darf“, sagte Tukur weiter.
So feiert Tukur dieses Mal das Absurde. Ein vermeintlicher Selbstmörder, der am Abend noch mausetot scheint, läuft quicklebendig an seinem Auto vorbei. Real, irreal, egal. Murot recherchiert im idyllischen Taunusdorf, lernt den charismatischen Herrn Bemering (Thomas Thieme) samt seiner dubiosen und geheimnisvollen Dorfärztin Frau Dr. Herkenrath (Claudia Michelsen) kennen und fürchten.
Jede Menge Parallelwelten
Soweit die fiktionalen Fakten. Das Drumherum spielt sich sozusagen in einer anderen Parallelwelt ab. Regisseur Justus von Dohnányi zitiert gerne. Er bemüht Edgar Wallace, Alfred Hitchcock, die Rocky Horror Picture Show und den Blauen Bock. Da tanzen urplötzlich die Kessler-Zwillinge durchs Bild, später gibt’s einen skurrilen Tanz auf dem Zebrastreifen. Irgendwann wartet man auf das nächste Aha-Erlebnis, glaubt, gleich schaut Klaus Kinski durchs Schlüsselloch. Es ist ein Ritt durch Zeit und Raum: musikalisch, bildnerisch, persönlich – bis der Zuschauer nicht mehr weiß, in welcher Welt er sich gerade befindet.
Das alles könnte sogar unterhaltsam sein, wenn die Handlung ein wenig stringenter einem roten Faden folgen würde. So verliert sich dieser Tatort leider zu sehr in die eigene Selbstverliebtheit. Schade eigentlich.