Essen. . Die Geschichte des jungen Deutschen Marco W., der lange Zeit in der Türkei im Gefängnis gesessen hat, bewegte viele. Am Dienstag ist sein Fall als Spielfilm im Fernsehen zu sehen, um 20.15 Uhr auf Sat.1.

Wie oft mögen sie diesen Satz gesagt haben, damals, vor vier Jahren, in der Türkei: „Wir holen Dich hier raus!“. Zuhause berichteten die Medien über diesen tragischen Fall, über den deutschen Jungen, der in der Türkei beschuldigt wurde, ein britisches Mädchen missbraucht zu haben und nun dort im Gefängnis saß. Für sie, für Ralf Jahns und Martina Weiß, für Marcos Eltern, war diese Situation 247 Tage lang bittere Realität. Wie ein Alptraum, aus dem man nicht erwacht. Nun kommt Marco W.s Geschichte ins Fernsehen, produziert von der Kölner Zeitsprung Entertainment GmbH, die 2007 mit dem eindrucksvollen Zweiteiler „Contergan - Eine einzige Tablette“ ein fast vergessenes Thema wieder ins gesellschaftliche Bewusstsein rief. In den Hauptrollen: Veronica Ferres, Herbert Knaup („Mogadischu“) und der noch unbekannte Vladimir Burlakov, der Marco W. verblüffend ähnlich sieht.

Es ist eine Urlaubsszene wie sie jeder kennt. Der letzte Tag vor der Abreise. Noch eine Weile im Liegestuhl fläzen, am Cocktail nippen, ein bisschen Beachvolleyball spielen... Schon oft ist Familie Weiss hier gewesen. Dasselbe Hotel, derselbe Strand. Der Kellner hat die Kinder groß werden sehen. Nur dieses Mal soll alles anders kommen. Marco hat am Strand Charlotte kennengelernt, verbringt den letzten Abend mit ihr und anderen Jugendlichen zuerst am Pool, dann auf dem Zimmer der Engländerin. Obwohl sie nicht ganz alleine sind, kommen sie sich nahe. Er, der 17-Jährige, sie, die sich als 16 ausgibt.

15 Jahre Haft drohen

Das Drama beginnt. Stunden später sitzt Marco W. auf der Polizeistation, dann vor dem Richter und schließlich in Untersuchungshaft. Sie, Charlotte, ist in Wirklichkeit erst 13 Jahre alt, er soll sie missbraucht haben. Die Mutter hat Anzeige erstattet. Für Sex mit einer Minderjährigen drohen in der Türkei bis zu 15 Jahre Haft. 247 Tage wird Marco in ein Gefängnis für ausländische Schwerverbrecher verbracht. Einer unter 36. Um ihn herum spritzen sie Heroin, schlagen sich Mitgefangene zusammen. Marco, der Deutsche, ist nicht einmal erwachsen.

Detailliert arbeitet der Film nach, wie Marcos Eltern verzweifelt ihrem Sohn zu helfen versuchen. Wie sie Anwälte einschalten, Dolmetscher, ja schließlich Medienberater. Eine ganz normale Familie aus dem norddeutschen Uelzen kämpft um ihren Sohn, den sie für unschuldig hält. Doch es wird fast Weihnachten bis der Prozess beendet ist, bis Marco nach Deutschland zurückkehren kann. Verurteilt zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten wegen sexuellen Missbrauchs. Dabei hatte ein Gynäkologe nach der vermeintlichen Tat festgestellt, dass Charlotte noch Jungfrau ist.

Möglichst authentische Darstellung

Und obwohl die Story durch die intensive Medien-Berichterstattung damals und durch Marco Weiss’ nach der Freilassung geschriebenes Buch hinlänglich bekannt ist, entwickelt der Film eine Sogwirkung. Es ist das Leid dieser Familie, das einen nicht loslässt. Ein empathischer Film, kein dramatisierender. Selbst Veronika Ferres nimmt sich in der Rolle der Martina Weiss erstaunlich zurück.

„Eine wahnsinnige Geschichte, weil sie wahr ist“, sagt Produzent Michael Souvignier. Er habe sich schon dafür interessiert, als Marco noch im Gefängnis saß. Als der schließlich sein Buch veröffentlichte, habe er sich um die Rechte bemüht. „Wir waren ein Interessent von vielen und hatten beileibe nicht das beste Angebot gemacht. Familie Weiß ging es um eine möglichst authentische Darstellung“, sagt Souvignier.

Marco Weiss meidet seit seiner Freilassung die Öffentlichkeit, war jedoch des Öfteren am Set dabei, um den Film-Marco zu beraten. Der inzwischen 21-Jährige hat eine Ausbildung zum Rettungssanitäter begonnen und hofft darauf, bei einem Revisionsprozess in der Türkei freigesprochen zu werden.