Essen/München. .

Ingrid Klocke und Elmar Wohlrath haben „Die Wanderhure“ erdacht: Das Ehepaar schreibt historische Romane und kann bei Verfilmungen die eigene Geschichte loslassen. Das Historiendrama läuft Dienstag in Sat.1.

Draußen rauscht das Meer, im Wohnwagen das Telefon. „Schlechter Empfang hier”, entschuldigt sich Iny Klocke. „Ich gehe mal eben vor die Tür, da ist es besser”, weiß sie. Denn dort hat sie oft gestanden in letzter Zeit. Weil jeder mit ihr reden will. Über käufliche Liebe im Mittelalter ganz allgemein und darüber, wie sie denn nun geworden ist, die Verfilmung der „Wanderhure”, die Sat.1 heute zeigt. Klocke hat den historischen Bestseller zusammen mit Ehemann Elmar Wohlrath geschrieben. Und nicht nur den.

Ihre Namen sucht man allerdings vergeblich auf den Büchern. Iny Lorentz steht da, manchmal auch Mara Volkers. Ihr Verlag hat sich weibliche Pseudonyme gewünscht. Genau wie weibliche Hauptpersonen. Weil mehr Frauen als Männer historische Romane lesen. Leichte, seichte Lektüre.

Knapp zwei Millionen mal verkauft, dazu drei Fortsetzungen

2003 hat das Ehepaar die Verlagswünsche erstmals erfüllt. „Die Kastratin” heißt das Buch, und Klocke und Wohlrath arbeiten damals noch in einer Versicherung. Sieben Jahre später haben es die beiden mit insgesamt 18 Romanen in die Büchercharts geschafft und sieben Millionen Exemplare verkauft. Für den IT-Job bleibt da schon lange keine Zeit mehr.

Auch interessant

Von DerWesten

„Die Wanderhure” bringt Iny Lorentz 2004 den Durchbruch. Bis heute hat sich die Geschichte von Marie Schärer knapp zwei Millionen Mal verkauft und es auf drei Fortsetzungen gebracht. Band fünf soll in Kürze folgen. Übrigens erstmals mit einem männlichen Titelhelden. War es da nicht nur eine Frage der Zeit, bis der Roman verfilmt werden würde? „Die Option war da“, sagt Klocke. „Aber wirklich gerechnet haben wir nicht damit.”

Überrascht waren sie also, aber natürlich nicht abgeneigt. Und nur eine Bedingung haben sie gehabt. „Der Film muss so angelegt sein, dass auch jemand, der das Buch nicht kennt, in die Geschichte hineingezogen wird.” Ansonsten erwarten die schreibenden Eheleute keine 1:1 Umsetzung der literarischen Vorlage. „Der Film ist ja ein ganz anderes Medium”, sagt Klocke, „viel schneller und plakativer.” Deshalb war klar, dass das Drehbuch einiges ändern würde. „Hauptsache es ist emotional und spannend geblieben.”

„Hauptsache emotional und spannend“

Zwei Tage waren die Schriftsteller zu Gast bei den Dreharbeiten, mehrfach haben sie den fertigen Film gesehen und zeigen sich zufrieden. Auch wenn sie sich ihre Wanderhure im Buch ganz anders vorgestellt hatten, als Alexandra Neldel sie jetzt spielt. „Viel madonnenhafter ist sie im Buch. Längst nicht so hübsch wie die junge Schauspielerin.” Macht aber nichts, findet Klocke. Dafür habe Neldel so ein lebendiges Gesicht, das von Freude über Trauer bis zum Schmerz alles darstellen könne. „Sie spielt die Marie nicht, sie ist die Marie.”

Wenn die Quote stimmt, sollen weitere Bände der Huren-Saga verfilmt werden. Doch so weit will das Ehepaar nicht denken. „Wir sind da ganz entspannt.” Schreiben werden sie ja auf jeden Fall weiter. „In Arbeitsteilung”, sagt die gebürtige Kölnerin.

Ideen gehen nicht aus

Ist die Grundidee da, beginnt der Gatte zu recherchieren und liefert später eine Art Rohtext. Während seine Frau den Feinschliff besorgt, macht sich Elmar schon an das nächste Buch. Immer hin und her wandern die Texte auf den Computern der beiden. Da wird ergänzt, Korrektur gelesen und offenen Fragen nachgegangen. Am Ende ist jede Seite 14 Mal bearbeitet worden. „Wir sitzen immer an mehreren Romanen gleichzeitig.” Nachschubsorgen gibt es nicht. „75 Exposés liegen in der Schublade”, sagt die 61-Jährige. Und ständig kommen neue hinzu. So werden sich die Bücher von Iny Lorentz wohl auch künftig gegenseitig von den Bestsellerlisten verdrängen. „Wir brauchen keine Konkurrenz”, scherzt Klocke. „Wir machen uns selbst welche.”