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Marius Müller-Westernhagen hat es geahnt. Schon nach dem ersten Auftritt. „Die Leute werden dich lieben“, prophezeit er Lena Meyer-Landrut damals. Sechs Wochen später ist die 18-Jährige „Unser Star für Oslo“. Und die Leute lieben Lena tatsächlich. Auch wenn niemand so richtig sagen kann, warum.

14 Tage nach ihrem Sieg bricht Lena jedenfalls alle Rekorde. Auf Youtube wurde ihr noch in der Finalnacht produziertes Video mittlerweile über zwei Millionen Mal angeklickt. Im sozialen Netzwerk Facebook hat sie über 50 000 Fans. Und in die deutsche Hitparade ist sie mit ihren Songs „Satellite”, „Bee” und „Love Me” auf den Plätzen eins, drei und vier eingestiegen. Das gab es noch nie.

Die Branche staunt. Zumal die Quoten von Raabs Talentsuche meist durchwachsen waren – im Vergleich zu anderen Casting-Shows. Und Lena selbst eigentlich ja vieles falsch gemacht hat. Nicht kurz genug die Röcke, nicht tief genug der Ausschnitt, hat sie Lieder gesungen, die kaum einer kennt. Selbst der Siegertitel ist umstritten. Es gibt auf Youtube ein langes Video, in dem ein Komponist recht überzeugend erklärt, warum „Satellite” eigentlich nur 08/15-Pop ist. Aber darauf kommt es gar nicht an.

Raab schwärmt: „Sie verströmt einen Zauber, der sich nicht beschreiben lässt“

„It’s the singer, not the song“: Lena Meyer-Landrut trat auch bei Stefan Raabs Wok-WM auf.
„It’s the singer, not the song“: Lena Meyer-Landrut trat auch bei Stefan Raabs Wok-WM auf. © Getty Images

„It’s the singer, not the song”, sagen die Briten in solchen Fällen gerne. Nicht das Lied ist wichtig, sondern der Sänger oder die Sängerin. Sie muss nicht einmal perfekt sein. Was für Lena ein Glück ist. Denn manchmal spricht sie mehr als sie singt. Und wenn sie singt, sitzt längst nicht jeder Ton. Selbst ihr Englisch schwankt zwischen Grundkurs Volkshochschule und Londoner Hafenarbeiter. Doch selbst darauf kommt es nicht an. Bei Lena ist es offenbar nicht das Lied, nicht die Sängerin, es ist der Mensch, der zählt. „Sie verströmt einen Zauber, der sich nicht beschreiben lässt“, sagt Stefan Raab. Westernhagen spricht ganz allgemein von „Star-Appeal“, Xavier Naidoo nennt sie „elfenhaft” und Peter Maffay findet sie „grrrroßartig“.

Musikmanager Thomas M. Stein versucht immerhin eine Erklärung. „Sie spielt mit der Kamera wie keine andere Teilnehmerin.” Nur Nena weiß, warum sie Lena so begeistert, spricht aber wohl nicht für die breite Masse. „Ich liebe hysterische, durchgeknallte Leute.”

Aber zählt Lena dazu? Auf den ersten Blick unterscheidet sie sich jedenfalls nicht von Gleichaltrigen. Vielleicht lieben sie viele der 14- bis 20-Jährigen gerade deshalb. Weil sie eine von ihnen ist. Ohne Vorstrafenregister, Brust-OP oder eine in alle Himmelsrichtungen zerstreute Familie, wie bei der Konkurrenz von RTL. Wie das nette Mädchen von nebenan wirkt sie. Intelligent und natürlich. Eine die man seinen Kindern zur Freundin wünscht. Vielleicht mögen sie deshalb auch die Eltern – selbst wenn sie oft Worte wie fett, derb, krass und hart sagt.

Persönliches bleibt Privat - die Familie und das Tattoo

Sonst sagt Lena bisher nicht viel. Auch wenn sie ständig Interviews gibt. Persönliches bleibt privat, die Tür zum Haus, in dem sie mit ihrer Mutter wohnt, verschlossen. So weiß man nur, dass sie Einzelkind ist, gerne tanzt, aber Musik in der Schule schon lange abgewählt hat. Und dass ihr Großvater mal deutscher Botschafter in Moskau war.

Fragen nach einem Freund weicht Lena aus. „Ich bin zum achten Mal zwangsverheiratet“, sagt sie dann und lacht. Selbst über das Tattoo auf ihrem Arm will sie nichts verraten. Nur dass es eine Lilie ist. „Was sie für mich bedeutet, werden Sie nicht erfahren.“

Prognosen für Oslo mag sie auch nicht abgeben. „Mein Ziel ist es, von der Bühne zu gehen und zu sagen, ja Lena, das hast du gut gemacht.“ Ohnehin ist sie mit den Gedanken zurzeit woanders. Denn vor dem Eurovisions-Contest muss sie in all dem Rummel erst noch Abi machen. Und davor, sagt Lena, habe sie im Augenblick „viel mehr Angst als vor dem Auftritt in Oslo.“