Essen. Moderatorin, Mutter, Sex-Symbol - im Klum-System ist alles möglich. Bergisch-Gladbach oder Beverly-Hills, wo ist da der Unterschied? Heidi will gar kein Topmodel sein, sondern sie ist ein Geschäftsmodel, eine neue Gattung, die eigens für sie ins große Buch der Arten eingeführt wurde.

Was Heidi zuletzt tat: Sie brachte Möchtegern-Topmodel Sarina zum Weinen, feierte ihren Hochzeitstag mit einer Party in Malibu und verriet der amerikanischen Talkshow-Queen Oprah Winfrey, dass ihr viertes Kind ein Mädchen wird. Upps, das stimmt gar nicht, das war ja der Seal, der den Oprah-Termin wahrnahm! Macht aber nix, denn eigentlich ist es ganz egal, wer nun aus dem Klum-Clan die Marke Heidi präsentiert. Garantiert wird stets ein astreines Produkt, schlagzeilenkompatibel und titelseitenreif.

In Deutschland ist solch geschmeidige Geschäftigkeit unüblich und daher oft von Neid und Missgunst begleitet. Mit Begeisterung werden deshalb auch die Beleidigungen prominenter Kritiker kolportiert. Die Heidi hätte keine optimalen Maße, ließe jegliche Individualität vermissen und dürfte seinen Laufsteg jedenfalls nicht betreten, behauptete beispielsweise der Designer Wolfgang Joop. Und überhaupt sei die Heidi gar kein Topmodel, sondern ein Werbe-Girl mit Dauergrinsen.

Mit 30 legt sie erst richtig los

Das stimmt zwar in einem Punkt, ein Topmodel war sie nun wirklich nicht, ist aber völlig am Thema vorbei. Heidi will gar kein Topmodel sein, sondern sie ist ein Geschäftsmodel, eine neue Gattung, die eigens für die Heidi ins große Buch der Arten eingeführt wurde. Der Unterschied: Das Topmodel verschwindet spätestens mit 30, meist spurlos, das Geschäftsmodel legt dann erst richtig los.

Man wüsste gerne, wie sie reagiert, die Heidi, wenn man ihr solch eine Joop-Breitseite vorlegt. Wird sie dann richtig böse, so wie in ihrer Show „Germany's Next Topmodel”, wenn sie als strenge Gouvernante die Sarina fertigmacht? Oder zuckt sie einfach mit den Schultern und nascht zur Beruhigung ein Fruchtgummi, so wie in ihren Werbespots, die zwar von beispielhafter Vielfalt sind, aber im Grunde immer das gleiche Produkt verkaufen: die Heidi, sexy, aber bodenständig.

In Amerika hat man den Wert der Marke längst begriffen. Heidi geht immer. Ob Burger oder Birkenstock, Shampoo oder Schmuck, Parfüm oder Rasierapparat – man nimmt ihr einfach alles ab. Unterwäsche-Model und mehrfache Mutter – wo ist das Problem?

Das Geheimnis ihres Erfolgs

In der Heimat wird dagegen analysiert, kritisch hinterfragt – das ist wieder mal typisch. Heidi ist aber auch hier ein Objekt für Feuilleton und Wirtschaftsseite. Mit 35 noch im brillantenbesetzten BH auf die Bühne? Darf man das? Beinharte Business-Lady, die jeden Winkel ihres Imperiums überwacht und Regelverstöße vom gestrengen Herrn Papa ahnden lässt, muss das sein?

Was in Amerika gut ankommt, wird hier als Show abgestraft. Dabei macht sie das wie immer gut, die Heidi, wenn sie etwa im Karnevalszug von Bergisch-Gladbach als Krokodil mitschwimmt, Seal gleich mit, der brave Mann. Kinkerlitzchen, heißt es dennoch hierzulande, während der Amerikaner sich begeistert: Super, die Heidi, futtert eine Schweinshaxe, nennt ihre Brüste „Hans” und „Franz” und lacht immer richtig lustig, das süße Ding.

Das Geheimnis ihres Erfolgs? Die unerschütterliche Vielseitigkeit, das Streben nach Perfektion, die robuste Hartnäckigkeit – aber auch die Furchtlosigkeit. Heidi hat vor nix Angst, schon gar nicht vor dem, was wir Kitsch nennen. Den vierten Hochzeitstag feierte sie mit einer Party, Thema „White Trash”. Heidi lief mit Jogginganzug auf, Seal, der brave Mann, mit Vokuhila-Perücke. Köstlich, findet die „Gala”, die stets ganz nahe am Thema Heidi ist. Wie aber auch die „Vogue”, die Heidi gleich die komplette Juni-Ausgabe gewidmet hat.

Was Heidi demnächst tut? Sie wird Mutter, im Herbst, zum viertenmal, und dann wird auch Deutschland staunen. Mutter der Nation, das roch bisher immer noch ein wenig nach Kohlsuppe und Küchenschürze. Inge Meysel eben. Heidi kann anders. Kommandiert Business und Kinder wie ihre „Meedchen” auf dem Laufsteg, ganz normal.