Essen. Wie ein biederes, blondes Model es schaffte, die Gewaltphantasien von Großintellektuellen ans Tageslicht zu bringen. Und wie Alice Schwarzer und Roger Willemsen verbal auf Heidi Klum herum prügeln.
Manch einer hätte jetzt eine harte Debatte über extremistisches Denken am Hals. Nicht so Alice Schwarzer und Roger Willemsen, zwei bewährte Patent-Intellektuelle, die auf Lebenszeit das Gute gepachtet zu haben scheinen. In einer Art Zangenangriff stiegen die beiden Edel-Menschen jüngst in die Niederungen der Trivialität hinab und knöpften sich Top-Model und TV-Moderatorin Heidi Klum vor.
Sie taten das in einer Weise, die – wäre es beispielsweise umgekehrt – wohl längst den europäischen Menschengerichtshof auf den Plan gerufen, mindestens aber die blonde Heidi vom Bildschirm verbannt hätte. Doch nicht erst seit dem verdienstvollen Buch des Spiegel-Redakteurs Jan Fleischhauser wissen wir: Linke Gutmenschen, vor allem die prominenten unter ihnen, dürfen alles, da es stets gesalbt ist mit der guten Absicht. Wenn sie dann noch als geschlechterpolitische Legende durch die Welt laufen (Schwarzer) oder ein Buch über Guantanamo geschrieben haben (Willemsen), ist Widerspruch eigentlich zwecklos
Heidi als Scharführer?
Im Falle Klum ist freilich eine neue Qualität eröffnet worden, wenn auch nicht so sehr von Alice Schwarzer. Dass die gestrenge Gouvernante der Frauenbewegung die blonde Heidi als „stupsnasige und kaltschnäuzige Scharführerin“ bezeichnet, ist zwar starker Tobak, hat aber einen gewissen Wiederholungs- und damit Gähn-Effekt. Scharführer ist ein SS-Rang, und unter den Guten ist es eben gute Übung, Leute, die man nicht leiden kann, mit nationalsozialistischen Attributen zu versehen. Der Geschmähte ist sofort in der Defensive und praktischerweise bleibt oft etwas hängen.
So weit, so langweilig. Pikant ist hier nur, dass die Gründerin und Chefin der Zeitschrift „Emma“ nach Aussagen von Frauen, die es wissen müssen, ausgesprochen mies mit ihren Untergebenen umgeht. Das Wort Scharführerin bekommt aus dem Mund von Schwarzer somit einen ganz eigenen, ironischen Klang. Den kleinen Recherchefehler – Klum hat gar keine Stupsnase – lassen wir mal links liegen.
Roger Willemsens Gewaltträume
Richtig in die Vollen in Sachen Heidi Klum ging aber Roger Willemsen, der manchmal den Eindruck eines Weicheis vom Dienst macht, es in Wahrheit aber faustdick hinter den Ohren hat. Die paar veritablen Beleidigungen („Leere ihres Kopfes“, „Exzess von Nichtigkeit“) sollen hier nicht weiter interessieren, deutsche Intellektuelle dürfen das – siehe oben. Dass Willemsen aber in der linksalternativen „taz“ seinen Gewaltträumen freien Lauf lässt und aus Klum „sechs Sorten Scheiße herausprügeln“ möchte, lässt dann schon tief blicken.
Vom Guantanamo-Autor Willemsen hätten wir ehrlich gesagt etwas mehr inneren Widerstand gegen die eigenen Folter-Phantasien erwartet. Andererseits lauern halt in vielen Seelen Untiefen. Ein großer deutscher Politiker, nämlich Oskar Lafontaine, meinte einst: Mit den Tugenden, die der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt verkörpere, ließe sich ohne weiteres ein KZ führen. Nun, mit Willemsen handfester Pädagogik könnte man mindestens ein kleines Besserungslager für gefallene blonde Fernsehmoderatorinnen eröffnen. Am besten wohl mit ihm als Kommandanten. Alles roger, Herr Willemsen, stehen Sie bequem!