Berlin. Die linke "tageszeitung" (taz) in Berlin erhält eine neue Chefredakteurin. Wie das Blatt am Donnerstag in eigener Sache berichtete, verlasse Bascha Mika (55) die Zeitung nach elf Jahren in führender Position. Wie es hieß, hatte es zuletzt in der Redaktion "kräftig gerummst".
Mikas Nachfolgerin soll die bisherige Hauptstadt-Korrespondentin der zum Ippen-Konzern gehörenden Hessisch-/Niedersächsischen Allgemeinen, Ines Pohl (42), werden. Wie es hieß, bleibt Mika bis Mitte Juli im Amt.
Im April dieses Jahres feierte die "taz" ihr 30-jähriges Bestehen. Das Blatt hat sich zwischenzeitlich von der Sponti-Postille zu einer angesehenen überregionalen Zeitung für ein rot-grünes Publikum entwickelt.
Dennoch gehört der Kampf ums wirtschaftliche Überleben inzwischen so fest zur Folklore des Blattes wie Tarantella zu Neapel. Der im Jahr 2003 gestartete Versuch der "taz", einen NRW-Ableger zu etablieren, scheiterte vier Jahre später. Damit war sie nicht allein. Auch dem Versuch der "Süddeutschen Zeitung", an Rhein und Ruhr Fuß zu fassen, war kein Erfolg beschieden.
Eine Ära geht zu Ende
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Im Jubiläumsmonat beklagte die "taz" die niedrigste Auflage seit 20 Jahren. Die Zahl der Abos lag, wie es hieß, bei rund 46 000. Dazu kamen noch einmal 10 000 Exemplare, die via Kiosk verkauft wurden. Das Blatt lebt überwiegend von Vertriebserlösen. Werbung brachte der "taz" bisher maximal zwölf Prozent, wie Branchen-Kenner sagen. Die Wirtschaftskrise dürfte die Situation für die kleinste der fünf überregionalen Zeitungen eher verschlechtert denn verbessert haben.
Mika selbst erklärte, sie habe bereits seit längerem mit dem Gedanken gespielt, die "taz" zu verlassen. Weiter gehende Fragen des Nachrichtenportals DerWesten.de mochte sie nicht beantworten. Geschäftsführer und Mitgründer Karl-Heinz Ruch ließ sich mit den Worten zitieren: "Eine Ära geht zu Ende. Niemand hat das 3. Jahrzehnt der 'taz' mehr geprägt als Bascha Mika."
In der Redaktion werden Mikas Verdienste ums Blatt nicht bestritten. Die langjährige "taz"-Redakteurin hatte sich einen Namen mit einer kritischen Biografie der Feministin Alice Schwarzer gemacht.
Als Chefin jedoch agierte Mika zunehmend glücklos. "Sie hatte kaum noch neue Ideen", sagt einer, der lange mit ihr zusammengearbeitet hat. Kein Wunder, dass die Stimmung in der Redaktion mau war. "Bascha Mika hatte schließlich die Mehrheit gegen sich, und Leistungsträger hatten keinen Bock mehr."
Auch in der zweiten Reihe der Chefredaktion gibt es Veränderungen. Reiner Metzger bleibt stellvertretender Chefredakteur. Aber der bisherige stellvertretende Chefredakteur Peter Unfried wird Chefreporter und taz-Autor. "Unfried wurde seinem Namen gerecht", heißt es, "er ist ein brillanter Querdenker, aber seine Personalentwicklung war nicht sehr überzeugend." Mit der jetzigen Lösung könne die Redaktion aber gut leben.
Die kommende Chefredakteurin Pohl äußerte sich zunächst mit den üblichen Worthülsen. Sie freue sich auf den neuen Job, und sie wolle das Profil der Zeitung schärfen.
Unterdessen bereitet der Redaktionsrat ein Treffen mit seiner neuen Chefin vor. In drei Wochen tritt sie ihren Dienst an. Es geht jetzt ratz-fatz bei der "taz".