Essen. Senta Berger mimt in dem Film "Frau Böhm sagt Nein" (Mittwoch, 21. Oktober, ARD, 20.15 Uhr) eine Sekretärin, die auf ihre alten Tage in einer gigantischen Übernahmeschlacht zweier börsennotierter Unternehmen Zivilcourage entdeckt. Jürgen Overkott sprach mit der Schauspielerin.
Eine kreuzbrave Sekretärin beweist in „Frau Böhm sagt Nein”, Mittwoch, ARD, 20.15 Uhr, auf ihre alten Tage Zivilcourage und macht ein schmutziges Geschäft öffentlich: Der Übernahme-Poker um ihr Unternehmen war inszeniert, damit sich die Manager hüben wie drüben die Taschen vollstopfen können. Redakteur Jürgen Overkott sprach mit Schauspielerin Senta Berger über ihre jüngste TV-Rolle.
Frau Böhm ist eine sehr loyale Sekretärin, die auf ihre alten Tage die Zivilcourage entdeckt - und dabei beinahe erbarmungslos konsequent ist. Was bedeutet Zivilcourage für Sie?
Senta Berger: Mich hat Frau Böhm ein bisschen an meine Mutter erinnert. Meine Mutter hatte auch diese Zivilcourage, eine angeborene Zivilcourage. Sie hat versucht, sich ein bisschen zu zügeln, zumal sie sich mit ihrer Offenheit und ihrem Mundwerk in der Hitler-Zeit in Wien durchaus in Gefahr gebracht hatte. Aber meine Mutter hatte zu allem, was um sie herum passierte, eine klare Meinung, und meistens sagte sie auch, was sie dachte.
Nun ist „Frau Böhm sagt Nein” kein Psychogramm einer altgedienten Sekretärin…
Berger: …nein, man könnte sagen, der Film ist eine Parabel für die Situation, in der wir leben - und an die wir uns fast gewöhnt haben. Es geht um Gier in der Wirtschaft. Wenn wir zurückblicken, war der Mannesmann-Prozess noch fast eine Sensation, und mittlerweile wundern wir uns fast nicht mehr über geheime Konten in Liechtenstein und Betriebsräte bei Volkswagen. Trotzdem wundern wir uns darüber, dass bei Übernahmen wie bei Mannesmann die Kurse künstlich hochgetrieben werden und die Manager einen unglaublichen Gewinn einstreichen.
Inzwischen sind wir ja so weit gekommen, dass Manager für ihren Misserfolg prämiert werden…
Berger: …oder doch zumindest für die sogenannte Sanierung. Was für ein Wort! Im Grunde genommen werden die Manager dafür belohnt, dass sie 3000 Mitarbeiter auf die Straße setzen. Inzwischen gibt es so viele Fälle, dass die Menschen so etwas gar nicht mehr lesen wollen. Und genau deshalb haben wir uns gesagt, so eine Geschichte müssen wir mal erzählen, damit klar wird, was da überhaupt passiert. Ich glaube, dass bringt den Leuten mehr, als wenn sie den Wirtschaftsteil einer Tageszeitung lesen.
Können Sie den Wirtschaftsteil überhaupt noch lesen, ohne dass Ihnen die Zornesader schwillt?
Berger: Mir schwillt die Zornesader nicht mehr. Ich habe mich in einer unguten Art daran gewöhnt. Ich habe mich der Frau Böhm anverwandelt, weil ich das an mir nicht gut finde. Frau Böhm musste das jetzt für mich gut machen.
Nachdem ich den Film gesehen hatte, hätte ich den Titel gewählt: „Einer grauen Maus wird es zu bunt”.
Berger: Das hätten Sie eher sagen müssen. Vielleicht hätte der Titel sogar mehr gebracht.
Sie sind über das Weltgeschehen gut informiert. Können Sie sich vorstellen, die Seiten zu wechseln?
Berger: (nachdrücklich) Nein! Nein! Nein! (lacht) Es gab Versuche, mich in die Politik zu locken. Aber ich bin viel zu empfindlich. Wenn ich sehe, was sich Politiker in Sendungen wie „Hart, aber fair” anhören müssen – ich könnte das gar nicht aushalten. Nein, ich bin zu empfindlich. Ich bin ja sogar für meinen Beruf als Schauspielerin zu empfindlich.