Berlin. Bei „Markus Lanz“ kritisiert der Virologe Hendrik Streeck die 2G-Strategie. Denn infizierte Corona-Geimpfte hätten dieselbe Virenlast.
Der Virologe Hendrik Streeck ist in der Pandemie immer wieder mit Meinungen aufgefallen, die vom jeweiligen Mainstream abwichen. Und diesem Muster bleibt er auch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie treu. Der erklärte Karl-Lauterbach-Freund Markus Lanz hat seit längerer Zeit mal wieder Lauterbachs Antipoden zu Gast in seiner Sendung.
„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:
- Peter Tschentscher: Politiker, Erster Bürgermeister Hamburgs (SPD)
- Wiebke Winter: Politikerin, Mitglied im Wahlkampfteam von Armin Laschet (CDU)
- Eva Quadbeck: Journalistin, stellvertretende Chefredakteurin des "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND)
- Prof. Hendrik Streeck: Chef des Instituts für Virologie am Uni-Klinikum Bonn
Streeck kritisiert 2G-Regelung
Zu einer Zeit, da es mehr Impfstoff als Impfwillige in Deutschland gibt und die vierte Welle Anlauf nimmt oder gar schon läuft, erhöht die Bundesregierung den Druck auf bisher Ungeimpfte unter anderem dadurch, dass die kostenlosen Tests ab 11. Oktober wegfallen. Und Hamburg ist mit dem Erlauben der 2G-Option vorangeprescht. Das bedeutet: Gastronomen, Hoteliers, Fußballvereinen, Friseursalons oder Clubbetreibern ist es freigestellt, nur noch Geimpfte und Genesene einzulassen. Dafür entfallen Beschränkungen bei der Gästeanzahl und Abstandsgebote. Streeck kritisiert das.
Er erzählt, dass er jeden Tag mindestens drei E-Mails von Bürgern bekomme, die „Angst haben vor der Impfung“. Durch den Zickzackkurs von Politik und Ständiger Impfkommission (Stiko) bei den Vakzin-Empfehlungen sei „ganz viel Vertrauen verloren gegangen“, so Streeck. „Und da bringt es nichts, mehr Druck aufzubauen. Da muss man erklären.“
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Streeck gegen „indirekte Impfpflicht“
Aus der Sicht des Virologen ist die 2G-Regelung „Impfdruck oder indirekte Impfpflicht“. Wissenschaftlich gebe für 2G keine Begründung. „Es suggeriert, dass von einem Getesteten mehr Risiko ausgeht als von einem Geimpften oder Genesenen - und das ist wissenschaftlich nicht belegt. Man könnte auch andersherum argumentieren“, sagt Streeck.
Denn bei Infizierten gebe es die gleich hohe Viruslast im Rachen – egal ob geimpft oder nicht geimpft. Gerade im Herbst auf die Tests zu verzichten, hält er für schwierig. „Wenn man mit einer Impfpflicht arbeitet, sollte man das auch offen kommunizieren.“
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Impfmobbing bei Jugendlichen
Am Wochenende habe er einen 14-jährigen Schüler getroffen, der in der Schule gemobbt wurde, weil er nicht geimpft ist. „Wir dürfen nicht anfangen, Druck auf Kinder und Jugendliche auszuüben. Die Regierung darf kein Impfmobbing legitimieren und mit verantworten“.
Hamburgs SPD-Bürgermeister Peter Tschentscher hat die 2G-Regel als Option in seiner Stadt für Clubs und Restaurants eingeführt. Es gehe auch darum, den Einrichtungen einen wirtschaftlichen Betrieb durch normale Gästezahl zu ermöglichen. Außerdem beobachte man jetzt eine „eine Welle der Ungeimpften“, die auf den Intensivstationen lägen.
Ob das nicht eine Impfpflicht durch die Hintertür sei, fragt ihn Lanz. Der Arzt Tschentscher bemüht sich um eine entspannt klingende Antwort. In Hamburg hätten sie auch schon fast 80 Prozent der über 12-Jährigen geimpft. „Wir sind noch auf einem Weg, wo die Impfquoten zunehmen. Wir haben noch Potential.“
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Tschentscher: Scholz ist der „verlässlichste Politiker“
Es sind noch knapp vier Wochen bis zur Bundestagswahl. Und natürlich soll Tschentscher bei Lanz da auch zur Lage der SPD Stellung nehmen. Olaf Scholz liegt nach einem langen Schattendasein wegen der Patzer seiner Mitbewerber im Moment nach Umfragen ganz vorn. Natürlich glaubt Tschentscher an den Kandidaten seiner Partei. „Weil Scholz die meiste Erfahrung hat. Die Frage ist, welcher Person trauen wir das höchste Amt zu.“
Obwohl das höchste Amt ja eigentlich das des Bundespräsidenten ist, meint Tschentscher natürlich das Kanzleramt. „Ich kenne Olaf Scholz seit über 25 Jahren – er war schon immer ein eher ruhiger, überlegter, cooler Typ. Olaf Scholz ist der verlässlichste Politiker, der mir in den vergangenen 30 Jahren begegnet ist“.
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Klima nur als Laschets Feigenblatt?
CDU-Nachwuchspolitikerin Wiebke Winter darf natürlich auch für ihren Kandidaten werben. Im Kanzler-Triell habe „Laschet nochmal bewiesen, was in ihm steckt“, findet sie. Aber sie gibt auch zu: „Wir können nicht zufrieden sein mit den momentanen Umfragewerten. Wir müssen kämpfen, kämpfen, kämpfen.“ Die 25-jährige Bremerin, die die Klima-Union gegründet hat, wurde von Armin Laschet in dessen Wahlkampfteam berufen, wie er jüngst verkündet hat. Sie schwärmt von ihm als Teamplayer: „Der hört zu“. Lanz will dann herausbekommen, ob Winter nur als Klima-Feigenblatt herhalten soll, angesichts der desaströsen Umfragewerte Laschets.
Die Journalistin Eva Quadbeck gießt Öl ins Feuer, als sie erzählt, dass bei der CDU hinter verschlossenen Türen „alle die Hände über dem Kopf zusammenschlagen“ über den Kandidaten und dass „Klimaschutz nicht gerade zu Laschets Punkten gehört“. Wiebke Winter windet sich geschickter als manch alter Polit-Profi, gibt dann aber irgendwann zu. „Ende letzter Woche wurde ich angesprochen.“ Ob diese Last-Minute-Aktion Laschet noch hilft, sehen wir bei der Bundestagswahl am 26. September.
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