Berlin. Bei „Maischberger“ war Markus Söder zu Gast. Daneben gab Virologe Hendrik Streeck seine Einschätzung zur aktuellen Corona-Lage ab.
- Bei „Maischberger“ war diese Woche der bayerische Ministerpräsident Markus Söder zu Gast
- Im Talk dämpfte zudem der Virologe Streeck die Hoffnung, dass ein Impfstoff bald zur Verfügung stehen könnte – und er warnte
- Überhaupt wirkte „Maischberger. Die Woche“ diesmal locker, gut strukturiert und beim Wochendurchblick fokussiert auf wenige wichtige Themen
Markus Söder bleibt in Bayern. Sagte er bei „Maischberger. Die Woche“ – erneut. Dort wollte er sich allerdings auch nicht darauf festnageln lassen, ob er damit ebenfalls und definitiv eine Kanzlerkandidatur ausschließe.
Der Hype um ihn werde von ihm selbst „weder befeuert noch unterstützt“, versuchte der bayerische Ministerpräsident die ihm nachgesagten Ambitionen klein zu reden. Da half auch nicht die Hilfestellung von Gerhard Schröder, der in einem Audio-Einspieler behauptete, Markus Söder traue sich bloß nicht zu sagen, dass er Kanzler werden will. Lesen Sie dazu: Kein Weg ohne ihn – Markus Söders Kanzlerehrgeiz ist erwacht
„Maischberger. Die Woche“ – Das waren die Gäste:
- Markus Söder (CSU): Ministerpräsident Bayern
- Hendrik Streeck: Virologe
- Pinar Atalay: Journalistin, ARD-Moderatorin
- Dagmar Rosenfeld: Journalistin, Chefredakteurin „Die Welt“
- Markus Feldenkirchen: Journalist „Der Spiegel“
„Nee, ehrlich jetzt: Man ist als Ministerpräsident und Parteivorsitzender ,ausbefördert‘, normalerweise.“ Außerdem habe die CDU das Initiativ- und Vorschlagsrecht: „Und ich glaube, es könnte einen Grund geben, warum es bisher keinen CSU-Kanzler gegeben hat.“ Lesen Sie hier: Diese Corona-Regeln sollen verschärft werden.
Stattdessen wollte er lieber als „Versöhner zwischen den Schwesterparteien“ auftreten. Der pompöse Empfang der Kanzlerin auf Schloss Herrenchiemsee vor fünf Wochen sei so etwas wie eine „Wiedergutmachung“ für den Streit nach der Flüchtlingskrise zwischen Horst Seehofer und Angela Merkel: „Wenn das erste Mal in der Geschichte Bayerns eine Kanzlerin zum Kabinettbesuch da ist, dann holt man, wie bei allen hohen Gästen, das ordentliche Geschirr raus.“ Lesen Sie dazu: Merkel in Bayern: Ein königlicher Tag für Markus Söder
Söder bei „Maischberger“: Ministerpräsident spricht über Corona-Test-Panne in Bayern
Am Vorabend des Treffens im Kanzleramt, bei dem sich die Ministerpräsidenten der Länder über die aktuelle Corona-Lage austauschen und gegebenenfalls über gemeinsame „Obergrenzen“ (bei privaten Feiern) und „Untergrenzen“ (bei Bußgeldern) entscheiden wollen, saß Markus Söder gut aufgelegt im Berliner „Maischberger“-Studio.
„Ich hoffe sehr, dass wir uns einigen können“, erklärte er, ohne konkrete Aussagen treffen zu wollen, worauf. Dann nahm er als Hauptgast der Sendung ausführlich und detailfreudig Stellung zu Test-Pannen, hohen Infektionszahlen in Bayern, Quarantäne-Reglungen und Alkoholverbot ab 22 Uhr. „Ich versuche, meine Aufgabe so gut wie möglich zu machen.“ Lesen Sie hier: Coronatest-Panne: Wie es zur Blamage in Bayern kam
Markus Söder plaudert bei „Maischberger“ aus seinem Privatleben
Sogar auf eine „private“ Plauderei ließ er sich ein. Vor wenigen Tagen hatte er in einem Instagram-Post seines verstorbenen Vaters gedacht, was Sandra Maischberger die Gelegenheit gab, nach der Beziehung zu fragen: „Gut.“
Schon als Kind, erzählte er weiter, habe ihm sein Vater, von Beruf Maurermeister, attestiert, dass er mehr von Mundwerk als Handwerk verstehe, also am besten Politiker oder Pfarrer werden sollte. Als er dann ein journalistisches Volontariat begann, fragte sein Vater nur: „Warum machst du denn sowas? Du hast doch studiert.“
Wer genau hinhörte, konnte die Ironie heraushören, mit der Markus Söder den eigenen Berufsstand betrachtete. In dieser subtilen Mischung ging es weiter: „Halten sich ihre vier Kinder denn auch an die bayerischen Party-Regeln?“, wollte Sandra Maischberger wissen. „Ich hoffe doch“, antwortete der MP trocken, „auch wenn das eine in NRW lebt.“
Nawalny, Trump und Reiserückkehrer – „Maischberger“ mit gutem Themenmix
Überhaupt wirkte „Maischberger. Die Woche“ diesmal locker, gut strukturiert und beim Wochendurchblick fokussiert auf eine übersichtliche Anzahl von Themen: Nawalny, Trump, Reiserückkehrer-Chaos.
Viel Anteil daran hatten auch die drei ausgewiesenen Journalisten, die sachlich und pointiert die Hauptstadt-Politik von der Seitenlinie – aka Tresen – erklärten, kommentierten und diskutierten. Unisono erklärten ARD-Moderatorin Pinar Atalay, „Welt“-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld und Markus Feldenkirchen vom „Spiegel“ Alexej Nawalny zum „Verlierer der Woche“.
Nicht nur, weil der bekannte Kreml-Kritiker – nach inzwischen nachgewiesenem Giftanschlag – schwer erkrankt in der Charité behandelt werde. Auch wegen der Skrupellosigkeit, mit der in Omsk „auf offener Bühne“ der Krankentransport verzögert und das Leben Nawalnys weiter gefährdet wurde. Möglicherweise, so die These von Dagmar Rosenfeld, sollte die Verzögerungstaktik nur die Botschaft an die russischen Oppositionellen verstärken: „Fürchtet euch, und zwar zu Recht.“
Trump als Bedrohung? „Alles, was ihm wichtig war, hat er auch durchgeführt“
Unterschiedliche Einschätzungen zeigten die Talk-Gäste dagegen bei der Diskussion, wie ernst Donald Trump sein Statement meine, dass er die Wahl nur im Falle einer Wahlmanipulation verlieren könne.
Markus Feldenkirchen hielt Trumps Aussage für sehr ernst und bedrohlich: „Alles, was dem Mann bisher wichtig war, hat er auch durchgeführt.“ Während Pinar Atalay eher dazu tendierte, dass der amtierende Präsident nur selbst daran glaube, dass er gewinnen werde. Lesen Sie hier: Trump setzt bei Parteitag auf Familie und Regelbrüche
Der „Spiegel“-Mann echauffierte sich auch besonders über den Umgang mit Reiserückkehrern und prangerte das Chaos an, das mit den hektisch wechselnden Verordnungen die Reisenden verunsichert habe. „Da würde ich mir doch mehr Voraussicht wünschen“, erklärte er. Reglungen zu Test und Quarantäne sollten plausibel und nachvollziehbar sein. Lesen Sie hier: Corona-Regeln: Das müssen Sie in Ihrem Bundesland beachten
Corona: Virologe macht wenig Hoffnung auf schnelle Impfstoff-Verfügbarkeit
Dagmar Rosenfeld dagegen sprach sich offen gegen einheitliche und dafür für lokale Corona-Regelungen aus. Der Föderalismus sei zwar oft anstrengend, aber in diesem Fall großartig. „Die Corona-Krise erfordert beides: Risikobereitschaft und Achtsamkeit.“
Damit lieferte sie auch die perfekte Überleitung zum zweiten Talk-Gast des Maischberg-Abends, Hendrik Streeck.
Der Bonner Virologe allerdings mochte allerdings wenig Hoffnung machen: Trotz aller positiven Signale gäbe es keine Sicherheit, dass ein funktionierender Corona-Impfstoff bald zur Verfügung stehen werde.
Virologe Streeck zu Coronarvirus: „Werden Virus in den Alltag einbauen müssen“
Ebenso wenig wollte sich Hendrik Streeck festlegen, wie der aktuelle Fall eines Patienten aus Hongkong einzuschätzen sei, der sich nachweislich zum zweiten Mal binnen weniger Monate mit Corona infizierte hat. Lesen Sie hier: Corona: Mehrere Covid-19-Genesene sind wieder infiziert
„Ich wäre da vorsichtig, von einem Fall auf alle zu schließen“, erklärte er und muss es eigentlich wissen: In einer zweiten Heinsberg-Studie untersucht er gerade selbst, ob, beziehungsweise wie lange eine Immunität gegen das Virus nach überstandener Corona-Erkrankung anhalte.
„Das Virus mutiert offenbar, wird eventuell schwächer“, erklärte er vorsichtig. Aber abschließende Ergebnisse werde es auch dazu wahrscheinlich erst in zwei oder drei Jahren geben. Langfristig sollten wir eher „einen Weg finden, wie wir das Virus in den Alltag einbauen können“, riet er stattdessen.
Die gute Nachricht sei, dass die meisten nachgewiesenen Infektionen ohne Symptome verliefen. Außerdem hätten wir „im Vergleich zum Frühjahr viel mehr Daten“, um die Entwicklung einschätzen zu können. „Wir müssen vor allem die schützen, die einen schweren Verlauf haben könnten.“
Streeck mahnt zur Einhaltung der Hygiene-Regeln
Statt also ständig auf Infektionszahlen zu starren, sollte die Politik mehr die Auslastung bei den Intensivbetten in Krankenhäuser im Blick behalten. Und zum Beispiel festlegen, ab wann dort „die Ampel auf gelb oder rot springt“.
„Es kann durchaus sein, dass die Infektionszahlen im Herbst auf das Zehnfache hochgehen.“ Was aber nicht so schlimm wäre, wie es klinge, da ja die meisten Infektionen asymptomatisch seien. „Viele milde Verläufe werden wir wahrscheinlich akzeptieren müssen.“
Wie schwer eine Infektion verlaufe, hinge wiederum davon ab, wie hoch die Viruslast zu Beginn einer Infektion sei: „Da muss man einfach zusehen, dass man bei einer Ansteckung nicht so viele Viren abbekommt.“ Und dabei würden am besten die bekannten Hygiene-Regeln helfen: Abstand halten, Hände waschen, Masken tragen und Räume regelmäßig lüften.
„Maischberger“ – Mehr zum Thema:
- Radikale Ansichten: Wie Richard David Precht Maischberger ins Schwitzen brachte
- Proteste gegen Rassismus: „Maischberger“: „Menschenleben wichtiger als Sachschäden“
- Sendekonzept: Warum die ARD mit „Maischberger. Vor Ort“ viel richtig macht
- Wahlkampfmodus: Maischberger: Scholz traut sich Kanzlerschaft schon lange zu