Essen. Er gilt als einer der Lieblingsschwiegersöhne der Nation und setzt jetzt zum großen Coup an: TV-Moderator Jörg Pilawa wechselt zum ZDF. Dort muss der smarte Blonde aus dem Norden zeigen, dass er auch Biss hat.
Er ist klug, er ist smart, er ist witzig: Jörg Pilawa. So jedenfalls kennen die Zuschauer des Ersten den Moderator, der in wenigen Tagen 44 Jahre alt wird. Wie so viele Männer in seinem Alter sucht der Hamburger in der Lebensmitte eine neue Herausforderung. Das ZDF bietet sie ihm. Wenn nicht alles schief geht, mutiert Pilawa im Herbst 2010 zum Harald Schmidt der Mainzelmänner. Für ihn ist es der große Sprung.
Den Vertrag mit der ARD hat der umtriebige Fernsehmann jedenfalls gekündigt. ARD-Programmchef Volker Herres bedauerte seinen Weggang. Keine Überraschung: Der Günther Jauch des Ersten garantierte satte Quote – egal ob er am Vorabend oder zur besten Sendezeit das Fernsehvolk bespaßte. Herres ZDF-Kollege Thomas Bellut glaubt, dass Pilawa „in den nächsten Tagen” unterzeichne.
Verbindlich, höflich und wohltemperiert witzig
Er produziert selbst
Jörg Pilawa zählt nicht nur zu den ausgebufftesten Moderatoren, sondern auch zu den cleversten Medienunternehmern.
Der Hamburger ist Geschäftsführer der Produktionsfirma white balance GmbH. Das Unternehmen gehört inzwischen zu der britischen All3Media-Gruppe.
Nebenher ist der stets gut gekleidete Pilawa Mitinhaber des Hamburger Herrenausstatters „herrensache”.
Geld spielt bei dem Wechsel eine Rolle, aber wohl nicht die entscheidende. Das ZDF bietet Pilawa Shows zur besten Sendezeit – als Nachfolger von Johannes B. Kerner, der im Oktober zu Sat.1 wechselt. Nicht nur das: Er soll auch ein Late-Night-Format machen. Das hat dem Zweiten gefehlt, für Pilawa bedeutet es eine Herausforderung. Witz darf er haben – Biss muss er haben. Harald Schmidt, der Spottvater der TV-Unterhaltung, wurde in den 90ern bei Sat.1 zur Kultfigur, gerade weil er „Dirty Harry” war.
Bisher galt Pilawa als das exakte Gegenteil des Chef-Zynikers: verbindlich, höflich und wohltemperiert witzig. Kein Wunder, dass der ehemalige Medizin- und Geschichtsstudent in der Liste der ewigen Lieblingsschwiegersöhne der Nation ganz oben rangiert. Einer hat ihn tatsächlich zum Schwiegersohn: der Hamburger Freizeitforscher Horst Opaschowski. Pilawa heiratete seine Tochter Irina am 2. Mai 2006 im Kongo. Das Paar hatte das Land bewusst gewählt. Der gläubige Christ und seine Frau nutzten ihre Prominenz, um für die Welthungerhilfe zu werben.
An seiner Prominenz hat Pilawa lange gearbeitet. Bereits während des Studiums jobbte er für Rundfunk und Fernsehen. Mit 29 Jahren, 1994, star-tete der Moderator durch – beim damals jungen Privatsender ProSieben. „2 gegen 2” hieß die Show. Immerhin sprach sich in der Branche herum, dass Pilawa vor der Kamera eine gute Figur machte und mit Leuten reden konnte.
Schwiegermutter-Liebling
1996 heuerte Pilawa bei Sat.1 an. Ein bemerkenswerter Aufstieg: Der Privatsender setzte damals mit seiner Fußball-Sendung „ran” Maßstäbe. Nie zuvor waren Sport und Show im deutschen Fernsehen derart eng miteinander verknüpft worden, und da passte das Show-Gesicht Pilawa so gut wie die Stollen zum Fußballschuh. Dass Pilawa nebenher talkte und raten ließ, war nur konsequent.
Konsequent war es auch, dass das Erste Pilawa zu sich lotste. Der öffentlich-rechtliche Senderverbund musste sich, in Zeiten bröselnder Quoten, neu erfinden, und der smarte Blondschopf sah seine Chance, zu einem Star im Abendprogramm aufzusteigen.
Er hat sie genutzt. Im Juli 2001 startete „Das Quiz mit Jörg Pilawa”. Die Show kopierte zwar schamlos das Erfolgskonzept von Günther Jauchs RTL-Klassiker „Wer wird Millionär?”. Das Publikum jedoch ließ sich von kleinlichem Gemäkel der Kritiker nicht beirren und schaltete das werktägliche Ratespiel am Vorabend fleißig ein – bis heute.
Lehrer Dr. Specht des Unterhaltungsfernsehens
Im Jahr 2003 enterte Pilawa das Hauptabend-Programm. Klassische Rate-Runden für schlichte Ansprüche ergänzten alsbald anspruchsvollere Formate, die Unterhaltung und Bildung miteinander versöhnen sollten. Mit „PISA – der Ländertest” reagierte das Erste sogar ausdrücklich auf die gleichnamige Studie, die dem deutschen Bildungssystem schlechte Noten erteilte.
Pilawa baute das Konzept in den letzten Jahren aus. So animiert er das Publikum am Samstag, 12. September, 20.15 Uhr, wieder: „Frag doch mal die Maus”.
Mit derlei Sendungen etablierte sich Pilawa als eine Art Lehrer Dr. Specht des Unterhaltungsfernsehens. Als Oberlehrer galt er nie. Das ist der Job von Harald Schmidt.