Berlin. Das Referendum der Griechen sorgt für eine TV-Premiere: ein Talk-Duell zwischen ARD und ZDF. Am Ende war es wie in Griechenland. Es gab nur Verlierer.
Ein sattes "Nein" aus Griechenland, eine klare Mehrheit für die Tsipras-Regierung, ein Paukenschlag aus Athen – welch eine Vorlage für die Talkshows! Da will das ZDF dem Ersten nicht das Feld so einfach überlassen und schickt am ungewohnten Sonntagabend Maybrit Illner mit einer Sonderausgabe ins Rennen – fast parallel zu Platzhirsch Günther Jauch.
Der ARD-Mann hat den Vorteil, 20 Minuten früher auf die Bühne zu treten und gibt auch umgehend Michael Spreng das Wort. Der umtriebige Politikberater, der nie um eine steile These verlegen ist, legt gleich los. Die Griechen hätten sich mit ihrem Nein zum Hilfspaket "selbst den Strick der Verelendung umgelegt". Und die 60 Prozent? Folge einer "nationalistisch aufgeladenen" Stimmung, aber, so ätzte Spreng, "ein Volk hat das Recht in Würde unterzugehen".
Alles schon mal gehört. Weiterzappen.
Das ist das Stichwort für Giorgos Chondros. Der graubärtige Grieche mit der markanten roten Brille tourt seit gefühlten sechs Monaten durch die deutschen Talkshows, um als Mitglied der griechischen Regierungspartei Syriza für die Athener Regierung den Kopf hinzuhalten. Das tut Chondros gern recht langatmig und umständlich, außerdem hat man das alles schon zig Male gehört, auch wenn vieles davon stimmt. Der richtige Zeitpunkt also, nachzusehen, wie es bei Illner im ZDF anläuft. Zapp!
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Dort blicken wir in die besorgte Mine von Georgios Chatzimarkakis. Der saß früher mal für die FDP im Europaparlament und gibt jetzt bei Illner den Griechenversteher: Europa habe unterschätzt, dass in Griechenland "anders gesprochen wird, auch politisch". Das Referendum sei die "gelbe Karte für die Sparpolitik", die den Griechen fünf Jahre lang aufgezwungen worden sei. Lange könne man nicht so weitermachen, sondern müsse endlich einander zuhören. Und wenn sie nicht gestorben sind... Zapp!
In der ARD fleht Günther Jauch seine Gäste gerade an, nicht die Kämpfe von gestern auszufechten, nach der Volksabstimmung gebe es schließlich eine neue Lage: "Wie erklären Sie sich die 60 Prozent?", fragt der Gastgeber. Aber die Antwort auf diese Frage scheint weder den CDU/CSU-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus ("Das ist eine ganz große Tragödie für das griechische Volk") zu interessieren noch die anderen in der Runde. Herr Chondros möchte stattdessen mal grundsätzlich etwas sagen... Zapp!
Moment! Kipping? Saß die nicht gerade bei Jauch?
Auch Illner hat ihren CDU/CSU-Fraktionsvize am Tisch, bei ihr heißt er Michael Fuchs und ist nicht minder empört über das griechische Votum wie Kollege Brinkhaus in der ARD: Die sturen Griechen sollten schön weiter sparen, das hätte Portugiesen und Spaniern und Iren ja auch wieder auf die Beine geholfen. Ist doch so! Da schaltet sich Katja Kipping von der Linkspartei ein. Moment! Kipping? Saß die nicht gerade bei Jauch? Zapp.
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Nein, stimmt ja, bei Jauch gibt Taz-Journalistin Ulrike Herrmann die Linke. Kann ja mal passieren. Zapp.
Doch da ist nicht Katja Kipping, sondern Alexis Tsipras. Tsipras? Der Athener Premier hält gerade eine Fernsehansprache in Griechenland, die ZDF-Frau Illner live einblenden lässt. Ach so. Interessant. Sollte da vielleicht mal was Aktuelles kommen, statt all dem abgestandenen Verbalgebräu? Tsipras, der ja sonst gerne mal mit Jean-Claude Juncker und den anderen EU-Gremlins herumalbert wie ein pubertärer Pennäler, guckt jetzt ganz staatsmännisch ernst in die Kamera und versichert den Zuschauern, das Ergebnis des Referendums sei "kein Bruch mit Europa", sondern eine Unterstützung für seine Verhandlungen mit den Euro-Partnern. Sein Land müsse "heraus dem Teufelskreis der Sparpolitik" und nun müssten alle Beteiligten gemeinsam und in aller Ernsthaftigkeit... Zapp und Schluss.
Griechen jubeln über Referendum