Duisburg. Das Duisburger Museum Küppersmühle zeigt den Maler in vielen Facetten – und „rückwärts“. Eine sehenswerte Ausstellung soll auch zeigen, wie gut der in der Nachkriegszeit berühmt gewordene Künstler schon vor dem Zweiten Weltkrieg vernetzt war. Und wie er sich vom Konkreten zum Abstrakten entwickelte.

Der hat wirklich noch gefehlt: Nachdem das Museum Küppersmühle schon etliche Granden der deutschen Nachkriegskunst und des Informel präsentiert hat, war es an der Zeit, einen Nachkriegskünstler mit einer großen Retrospektive zu würdigen, der auch ein bedeutender Vorkriegskünstler war: Willi Baumeister (1889-1955), den bahnbrechenden Sonderfall unter den Abstrakten, vielleicht den ersten deutschen Europäer in der Kunst.

Als „internationalen“ Künstler will ihn die Ausstellung ins Bewusstsein rücken. Was nicht ganz einfach ist bei einem oft mürrisch dreinblickenden, notorisch heimattreuen gelernten Dekorationsmaler aus Schwaben vor dem Airport- und Internetzeitalter, mitten in einem von Nationalwahn zerrissenen Europa. Dennoch hat der junge Baumeister ein internationales Netzwerk von Künstlern, Galeristen, Sammlern und Kunsthistorikern gesponnen und genutzt.

Von Raum zu Raum "konkreter"

Die erste Station der großen Werkschau macht das klar. Hier finden wir etliche Fotografien, die Baumeister zeigen: lässig oder albernd mit Schlemmer, Gropius, Klee und Arp, mit Mondrian, dem frühen Förderer Le Corbusier oder mit Fernand Leger, dem kongenialen Freund. Eine multinationale Bande der Unbändigen. Ob diese Männer ahnten, dass der Jüngste von ihnen, Willi Baumeister aus Stuttgart, schon bald in Italien, Frankreich, in der Schweiz und England zu sehen sein würde? Dass ihn Frankreich 1949 mit einer Einzelausstellung ehren würde, der ersten für einen deutschen Künstler nach dem Krieg?

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Baumeister prägte die Nachkriegskunst

Von Anne Horstmeier

Für Willi Baumeister gab es keine Grenzen, auch keine künstlerischen. Das brachte ihm 1933 den Verlust seiner Professorenstelle für Typografie in Frankfurt ein, die Verfemung als „entartet“ und 1941 Malverbot. Ja, er war, wie fast alle, von Cézanne beeindruckt, er schätzte die französischen Impressionisten, hatte Franz Marc kennengelernt. Aber sie alle wurden ihm nicht Vorbilder, sondern Anstifter, seinen eigenen Weg zu suchen.

Farbe, Sand und Gips

Sein Ziel: eine Kunst, die nicht mehr abbildet, sondern Ausdruck einer universalen Ur-Kraft ist; die nicht das Bekannte wiederholt, sondern sich ins Unbekannte vorwagt; eine Kunst, die den Menschen nicht beschreibt, sondern zu sich selbst zurückführt, eine freie, heilsame, humanistische Kunst.

Zwar sind seine frühesten Werke noch gegenständlich, und es finden sich in großartig gemalten Porträts Anklänge an den impressionistischen Zeitgeist; aber schon Anfang der 20er-Jahre hat Baumeister mit seinen „Mauerbildern“, kühnen geometrischen Kompositionen aus Farbe, Sand und Gips, die aus der Bildfläche in den Raum drängen, in Frankreich Furore gemacht. Das war nicht „typisch deutsch-expressionistisch“, das war – anders. Ermuntert durch diesen Erfolg, nahm er weiter konsequent Kurs auf die Abstraktion, immer auf der Suche nach malerischen „Ur-Formen“, nach der Weltsprache Kunst. Was die von Ilka Voermann klug kuratierte Schau in einer Art Rückwärts-Chronologie nachvollziehbar macht: Von Raum zu Raum wird der abstrakte Baumeister „konkreter“.

"Aru"- und "Han-i"-Bilder

Bis zum Zweiten Weltkrieg bergen die Bilder immer weniger, aber immer noch figürliche Restbestände, besonders eindrucksvoll zu erkennen in den „Sportbildern“ und den „Flämmchenbildern“. Erst nach 1945 findet Baumeister, der trotz des Verbots weiter gemalt und experimentiert hat, zur radikalen Malerei, die nichts mehr „erkennen“ oder assoziieren lässt als die Dramen der Farben, Formen, Konturen und Kontraste auf der bemalten Fläche.

Schwer zu sagen, zu welchen Höhen er sich aufgeschwungen hätte, wären ihm nach 1945 mehr als nur zehn Lebens- und Schaffensjahre geblieben. Was wäre nach den verspielten, chaotischen, aber wundervoll ausbalancierten „Montarus“ und dem heitersten Schwarz der 50er-Jahre noch gekommen? Womit hätte er sich und uns nach den tanzenden metaphysischen Landschaften, den geheimnisvoll-zeichenhaften „Aru“- und „Han-i“-Bildern überrascht?

In seinem Standardwerk über „das Unbekannte in der Kunst“ hat Baumeister darauf selbst eine Antwort gegeben: „Der Künstler sieht eigentlich nicht. Da er als Vorderster mit jedem Werk ins Unbekannte stößt, kann er nicht voraussagen, auf was er stoßen wird.“ Was bedeutet: Wir wissen es nicht. Er wusste es nicht. Und das ist auch gut so.

Abriss der Ruine an der Küppersmühle

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