An Rhein und Ruhr.

Zwischen Berlin und Paris liegt das Rheinland, die Transferregion zwischen Deutschland und Frankreich. 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wird die besondere Rolle des Rheinlands als kulturelle Brücke und Aufmarschgebiet der Truppen durch eine Fülle von Ausstellungen in zahlreichen Museen thematisiert. Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) hat das Projekt „1914 - Mitten in Europa“ mit zwölf Ausstellungen auf die Beine gestellt. Ein „Epochenbild“ will der LVR anbieten, um der Komplexität von „1914“ gerecht zu werden.

Während das Ruhrgebiet die Waffenschmiede des Deutschen Reichs war, lagen im Rheinland die Zentren der ökonomischen Macht um Kohle und Stahl. Zwar wurden die großen Schlachten in Frankreich und Belgien ausgetragen. Doch vom Rheinland aus gingen 1914 die Truppentransporte der Millionen Soldaten nach Westen. „Das Rheinland war von vorneherein mitten im Krieg“, sagt der Historiker Gerd Krumeich.

Kaum in Erinnerung dürfte noch sein, dass 1917 französische Flieger Bomben auf Essen warfen und schon 1915 die Luftschiffhalle in Düsseldorf auf den Rheinwiesen durch Bomben zerstört wurde. Auch die großen Verwundetentransporte rollten ins Rheinland zurück und wurden vor den Augen fassungsloser Menschen auf den Bahnhöfen in Köln und vor allem Düsseldorf ausgeladen. In der Eifel konnte man die Kanonen von Verdun hören.

Rheinland die kulturelle Mitte

„Wir verstehen das Rheinland als Raum „mitten in Europa“, sagt LVR-Projektleiter Thomas Schleper. „Damit ist kein geografischer Zirkelstreit auszufechten, sondern es geht um die kulturelle Mitte zwischen den Metropolen Berlin und Paris.“ Denn auch die künstlerische Avantgarde war eng mit Frankreich verbunden. Das Rheinland befinde sich „genau an der Grenze, wo sich die Kultur in Barbarei verwandelt“.

Die zentrale Ausstellung „1914 - Mitten in Europa“ gemeinsam mit dem Essener Ruhr Museum in der ehemaligen Kokerei Zollverein richtet vom 30. April bis 26. Oktober den Blick vor allem auf die gesellschaftlichen Modernisierungsschübe jener Zeit. Vom Aufbruch am Vorabend des Krieges führt die Ausstellung mit 2500 Exponaten über die Entstehung der Ballungsräume mit einer explodierenden Arbeiterschicht im Ruhrgebiet und globalen Warenströmen hin zur Waffenproduktion für die Materialschlachten und schließlich in die sozialen und gesellschaftlichen Krisen nach dem Krieg.

Die Initiatoren wollen auch die Widersprüchlichkeit der Moderne zeigen. „Die Zeit war sehr fortschrittlich, entwickelte aber auch viele Gewaltpotenziale“, sagt Schleper. „Aggression und Avantgarde - beides zusammen gibt die Epoche wieder.“

Aus erstaunlichen Blickwinkeln betrachten die Ausstellungen die Kriegszeit. Eine Schau im Freilichtmuseum Lindlar (28.03. - 14.12.) stellt die Elektrifizierung des ländlichen Raums dar. Das elektrische Licht in den Bauernstuben veränderte das Landschaftsbild. Andere Ausstellungen thematisieren etwa die Psychologie um 1914, Leben und Alltag in Anstalten, aber auch fast unbekannte Kapitel des Krieges.

So erzählt eine Schau im Preußen-Museum in Wesel (26.10.2014 - 25.01.2015) die abenteuerliche Expedition des preußischen Hauptmanns Fritz Klein in die Türkei, den Irak und nach Persien. Der Offizier aus einem rheinischen Regiment gewann hohe schiitische Geistliche in Kerbela für den „Heiligen Krieg“ an der Seite Deutschlands.

Verschiedene Blickwinkel

Nach der vielgelobten Ausstellung „Avantgarden im Kampf“ in der Bonner Kunsthalle zieht das Wuppertaler Von der Heydt-Museum mit „Das Menschenschlachthaus“ (8.4.-27.7.) nach. Die Schau dreht sich um die Frage, wie deutsche und französische Künstler den Krieg verarbeiteten. Das Wuppertaler Projekt ist beispielhaft für die heutige Freundschaft zwischen den einstigen „Erzfeinden“. Denn die Schau entstand in Zusammenarbeit mit dem Musée des Beaux-Arts in Reims, das als erste französische Großstadt 1914 von deutschen Truppen bombardiert wurde.

Das Duisburger Lehmbruck Museum zeigt vom 11. September an die Schau „Zeichen gegen den Krieg“. Im Zentrum steht Wilhelm Lehmbrucks Antikriegsplastik „Der Gestürzte“, das Gegenbild zu weit verbreiteten Heldendenkmalen. Auch die Kunsthalle Bielefeld richtet ab dem 21. März den Fokus auf 1914. In der Ausstellung „Das Glück in der Kunst“ (21.3.-3.8.) stehen die westfälischen Expressionisten wie Peter August Böckstiegel und Hermann Stenner im Mittelpunkt. Stenner fiel im Jahr 1914 mit nur 23 Jahren in Russland. „Er wäre einer der besten Maler Deutschlands geworden“, schrieb sein Studienfreund, der berühmte Künstler Willi Baumeister, rückblickend noch 1950.