Bonn. Neun Kandidaten für die Unesco-Liste des Kultur- und Naturerbes haben die deutschen Kultusminister benannt. Dennoch könnte es noch einige Jahre dauern, bis das Siegel tatsächlich vergeben wird.

Von der Eiszeitkunst auf der Schwäbischen Alb bis zum Schloss Neuschwanstein in Bayern - die neun jetzt nominierten Kandidaten für das Unesco-Welterbe haben noch einen langen Weg vor sich. Erst 2016 würden die ersten ein bis zwei Kandidaten aus Deutschland der Unesco offiziell vorgeschlagen, sagte der Sprecher der deutschen Unesco-Kommission, Dieter Offenhäußer, am Freitag. Dann vergehe noch ein Jahr, bis das Unesco-Welterbekomitee darüber entscheide.

Die Kultusministerkonferenz hatte am Vortag festgelegt, mit welchen Nominierungen Deutschland in den nächsten Jahren ins Rennen um den Eintrag in die Unesco-Liste gehen soll. Die Höhlen der ältesten Eiszeitkunst auf der Schwäbischen Alb und der Jüdische Friedhof Hamburg-Altona stehen dabei ganz oben.

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Es folgen Augsburg mit den Themen Wasser und Brunnenkunst, die Künstlerkolonie Mathildenhöhe in Darmstadt, die Städte Speyer, Worms und Mainz mit ihrer jüdischen Geschichte, Erfurt mit Alter Synagoge und jüdischem Bad sowie die Gegend um Garmisch-Partenkirchen mit alpinen und voralpinen Wiesen- und Moorlandschaften.

Höxteraner Kloster Corvey seit 1999 auf der Warteliste

Etwas weniger Chancen werden den letzten beiden Vorschlägen eingeräumt, da Bauwerke dieser Art auf der Unesco-Liste bereits überrepräsentiert sind. Es sind die Schlösser Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee des bayerischen "Märchenkönigs" Ludwig II. und das Residenzensemble Schwerin.

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Ab Sonntag tagt das Unesco-Welterbe-Komitee bis zum 25. Juni in Doha (Katar). Zunächst geht es um langfristige Strategien, Finanzen und "Rote Listen" gefährdeter Welterbestätten. Erst vom 20. bis zum 22. Juni wird über die Neuaufnahmen entschieden. Einziger Vorschlag aus Deutschland ist das ehemalige Reichskloster Corvey (NRW). Die Anlage im ostwestfälischen Kreis Höxter steht seit 1999 auf der Tentativliste, der Warteliste für Welterbestätten.

Deutschland gehört mit 38 Stätten zu den fünf Staaten mit den meisten Eintragungen auf der Unesco-Liste.

Die neun Anwärter auf den Titel des Unesco-Welterbes

Insgesamt neun Bewerbungen aus den Bundesländern sind auf dem Weg zu dem begehrten Welterbe-Titel der Unesco einen guten Schritt vorangekommen. Das hat die Kultusministerkonferenz in Bonn beschlossen. Die neun Auserwählten im Überblick:

  • HAMBURG - Der Jüdische Friedhof im Hamburger Stadtteil Altona gilt als eine bedeutende Quelle für die Geschichte des Judentums. Er wurde 1611 von portugiesischen Kaufleuten angelegt und 1869 geschlossen. Der rund zwei Hektar große Friedhof besteht aus einem sefardischen (hebräisch für spanisch) und einem aschkenasischen (hebräisch für deutsch) Teil und umfasst insgesamt rund 8100 Grabsteine und -fragmente.
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© dpa
  • BADEN-WÜRTTEMBERG - Die Höhlen der ältesten Eiszeitkunst liegen rund um Blaubeuren auf der Schwäbischen Alb in Baden-Württemberg. Die sechs Eiszeit-Höhlen sind für Archäologen eines der wichtigsten Ausgrabungsgebiete. Die älteste bekannte Menschenfigur der Welt, die 40 000 Jahre alte Venus vom Hohle Fels, wurde dort gefunden.
  • BAYERN - Mit seinen prunkvollen Schlössern Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee hinterließ König Ludwig II. (1845-1886) Bayern ein einzigartiges kulturhistorisches Erbe. Millionen Besucher aus aller Welt locken die Schlösser in Füssen, Oberammergau und auf der größten Insel des Chiemsees an. Das berühmteste seiner Bauwerke ist Schloss Neuschwanstein: Rund 1,4 Millionen Besucher wollen jedes Jahr das Märchenschloss sehen, eine Anlage mit prunkvollen Wohnräumen, einem Thron- und einem Sängersaal.
  • BAYERN - Augsburg wird seit der Römerzeit von seiner Wasserwirtschaft geprägt. Die Stadt ist von Kanälen durchzogen und hat monumentale Brunnenanlagen. Ein historisches Wasserwerk aus dem 19. Jahrhundert, mehrere Wasserkraftwerke und alte Wassertürme zeugen von der Bedeutung des Wassers auch für die städtische Wirtschaft.
  • BAYERN - Die alpinen und voralpinen Wiesen- und Moorlandschaften im Landkreis Garmisch-Partenkirchen sind für das Grünland im Norden der Alpen herausragend. Nach Angaben des bayerischen Umwelt-Landesamtes ist die Kombination von traditionell und extensiv genutzten Heuwiesen mit der sehr großflächigen Streuwiesennutzung einmalig.
  • MECKLENBURG-VORPOMMERN - Zum Schweriner Residenzensemble gehören das Schloss mit Gärten, Theater, Museum, Schlosskirche, Marstall und Wäscherei. Die Gebäude entstanden zwischen 1842 bis 1857. Das Schloss gilt als bedeutendes Bauwerk des Romantischen Historismus in Europa. Die frühere Residenz der mecklenburgischen Herzöge ist heute Sitz des Landtags.
  • HESSEN - Die Künstlerkolonie Mathildenhöhe, eine Erhebung in der Darmstädter Innenstadt, zählt zu den bedeutenden Gesamtkunstwerken in Deutschland. Gegründet wurde sie 1899 vom Großherzog von Hessen-Darmstadt Ernst Ludwig (1868-1937), in ihr lebten und arbeiteten Künstler aus der Jugendstil-Epoche. Zu ihr zählen Hochzeitsturm, Ausstellungsgebäude, Museum Künstlerkolonie, Künstlerhäuser, Platanenhain und Freigelände.
  • RHEINLAND-PFALZ - Die drei "Schum"-Städte Worms, Speyer und Mainz bewerben sich mit ihrer jüdischen Vergangenheit als Welterbestätte. Sie galten einst als "Jerusalem des Westens" und beherbergten im Mittelalter bedeutende jüdische Gemeinden. Gemeinsam bildeten sie den Bund der "Schum"-Städte. Das Wort "Schum" leitet sich aus den Anfangsbuchstaben der drei hebräischen Stadtnamen her.
  • THÜRINGEN - Erfurt hatte im Mittelalter eine der größten jüdischen Gemeinden in Deutschland. Die vor rund 900 Jahren erbaute Alte Synagoge nahe der Krämerbrücke gilt als die älteste erhaltene Synagoge in Mitteleuropa. Sie wurde erst in den 90er Jahre wiederentdeckt, saniert und beherbergt heute ein Museum. Größte Sehenswürdigkeit ist ein großer jüdischer Silber- und Goldschatz mit einem seltenen Hochzeitsring. In Nähe der Synagoge wurde 2007 bei Bauarbeiten eine etwa 750 Jahre alte Mikwe - das traditionelle jüdische Bad - entdeckt. Erfurt besitzt auch zahlreiche mittelalterliche jüdische Grabsteine. (dpa)