Dortmund. . Mats Hummels, Manuel Neuer, Mesut Özil: „Unter Spielern“, eine Bilderserie über die deutsche Nationalmannschaft von der Fotografin Regina Schmeken, ist jetzt im Dortmunder U-Turm zu sehen. Schwarzweiß-Bilder in höchster Perfektion, die zeigen, warum Fußball heute attraktiver denn je ist.
Fußball wird immer noch größer, weltumspannender, beliebter. Dabei hat man schon so oft gedacht, dass er auf dem Gipfel der Beliebtheit angekommen sein dürfte. Vielleicht ist Fußball heute auch deshalb so beliebt wie nie, weil er nicht nur schneller denn je ist und kraftvoller, sondern auch – schöner. Die letzten erfolgreichen Grobmotoriker und Rasenbetonbauer dürften die Griechen gewesen sein, als sie sich vor zehn Jahren den Europameistertitel herbeitaktierten. Kommt uns inzwischen schon vor wie Fußball-Antike.
Heute sind wir froh, dass auch die (außer der Kanzlerin) weltweit bekanntesten Deutschen nicht mehr als Rumpelfußballer und Kampfschweine in Stutzen gelten. So lenkt die Fotografin Regina Schmeken den Blick auf die ästhetische Seite der so gern gesehenen Leibesübungen. Sie, die seit 1986 für die Süddeutsche Zeitung fotografiert und ihre Bilder schon in vielen Museen ausgestellt hat, war der deutschen Nationalmannschaft über ein Jahr lang, von März 2011 bis Juli 2012, auf den Fersen. Der eloquente DFB-Manager Oliver Bierhoff hat die Foto-Künstlerin auf die Spur der Elitekicker gesetzt. Nun ist ihre Nationalmannschaftsserie „Unter Spielern“ im Dortmunder U-Turm zu sehen, sechs Etagen hoch über der Stadt, die den neuen deutschen Fußball kultiviert hat wie keine andere.
Die Waden von Mats Hummels
Regina Schmeken macht Fotos, die für unsere Kollegen von der Sportredaktion so gar nicht gehen: Bilder vom Schachballett im Sechzehner bei einer Ecke, Bilder der Waden von Mats Hummels in eleganter Flamingo-Stellung, unheilsschwangere Bilder von Manuel Neuer, der hinter sich blickt, Bilder vom Moment vor dem Kopfball-Duell. Oder wie Hummels und Huntelaar wie zwei Synchron-Elfen über den Platz traben. Oder von der Spielführer-Binde von Mario Gomez, auf der nur noch die letzte Worthälfte zu lesen ist, während ein Gegenspieler den Arm wie zum Gruß ausstreckt...
Die DFB-Elf in Schwarz-Weiß
Doch es gibt auch die schönen Schnappschüsse, auf denen Jerome Boateng mit magnetischer Kraft in den Händen den Flug des Balls zu steuern scheint oder Christian Träsch den Ball hoch überm Rasen an seinen Außenrist führt, als wäre er dort festgeklebt. Klose und Podolski beugen sich zum Anstoß und werden zum Wesen mit nur einem Kopf. Manche Bilder knistern vor Spannung, weil einer darauf abbremst, während der Gegenspieler startet, manche Bilder werden schön durch Parallelen. Auf fast jedem ist das Zusammenspiel von Kraft, Dynamik und Eleganz mit technischer Meisterschaft gebannt, bis hin zum Regentropfen-Konfetti bei der Schlammschlacht gegen Israel in Leipzig.
Wichtiger als Leben und Tod
Zur Ausstellung
„Unter Spielern“, Dortmunder U-Turm (6. Ebene), Leonie-Reygers-Terrasse, bis 28. 9. Di/Mi/Sa/So 11-18 Uhr, Do/Fr 11-20 Uhr. Eintritt: 5 €, erm. 2,50 €.
Am Sonntag, 15. Juni (11 Uhr) plaudert Autor Heinrich Peuckmann in der Ausstellung mit Ex-Nationaltorhüter Hans Tilkowski, der 1966 im „Wembley-Tor“ stand. Tilkowski hat in Baku am Denkmal für den Linienrichter Tofiq Bachramow, der damals auf „Tor“ entschied, eine große Rede über Fairness gehalten.
Der alte Fußball-Philosoph Bill Shankly mochte Leute nicht, die Fußball für ein Spiel auf Leben und Tod ist – für Shankly ging es um viel mehr. Regina Schmeken hat das verstanden, deshalb gibt es sogar Bilder ohne Ball. Und oft sieht man, wie wenig man sieht, wenn man Fußball nur am Fernseh-Bildschirm verfolgt.
Schade nur, dass in der Ausstellung das lustigste Foto weggelassen wurde, das Regina Schmeken von Jogi Löw gemacht hat – bedröppelt in der Regenjacke. Wir wollen nicht hoffen, dass das in den nächsten Wochen wieder aktuell wird. Wer’s aber trotzdem sehen will: Im schönen Katalogbuch, das im Museum für 29,80 Euro zu haben ist, findet man es dann doch.