Essen. . Dieser Roman hat eine lange Geschichte. Sie beginnt wie bei so vielen Weltkriegsromanen zehn Jahre nach der deutschen Kapitulation. Aber sie endet erst in unseren Tagen – mit der Wiederentdeckung von „Schlump“, den „Geschichten und Abenteuern des unbekannten Musketiers“, einer heiterkritischen Stimme.
Die besten Romane über den Ersten Weltkrieg erschienen erst mit einem Abstand von gut zehn Jahren, nur Ernst Jüngers kriegsverherrlichende Tagebuchbearbeitung „In Stahlgewittern“ war schon 1920 fertig zum Druck.
Sein Gegenpol, Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“, erschien erst 1929, im selben Jahr wie Ernest Hemingways „In einem andern Land“. Zwei Jahre zuvor war Arnold Zweigs „Streit um den Seargenten Grischa“ herausgekommen und Ernst Glaesers „Jahrgang 1902“ wurde 1928 zum internationalen Bestseller.
Genau ein Jahrzehnt nach Kriegsende kam auch ein Antikriegs-Roman in den Handel, dessen Titel zugleich der Kampfname seines Autors war: „Schlump“. Der Erfolg war mäßig, immerhin erschienen auch in den USA und in England Ausgaben. Doch Remarques Welterfolg machte den „Schlump“ rasch vergessen, den Rest erledigten die Bücherverbrennungen der Nazis.
Widersinnigkeit und Menschenverachtung
Nun ist er wieder erschienen, weil Volker Weidermann, Literaturredakteur der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ auf das Buch und das Schicksal seines Autors aufmerksam gemacht hat: Hans Herbert Grimm, ein Französisch-Lehrer, hatte im „Schlump“ seine Kriegserlebnisse verarbeitet und in der Nazizeit das Manuskript des Romans in seinem Haus im thüringischen Altenburg eingemauert. Im Zweiten Weltkrieg wurde er erneut eingezogen, arbeitete als Dolmetscher und nach dem Krieg als Dramaturg am Stadttheater seiner Heimatstadt, bevor er sich 1950 das Leben nahm.
Schlump und weitere Werke
Hans Herbert Grimm: Schlump. Geschichten und Abenteuer aus dem Leben des unbekannten Musketiers Emil Schulz, genannt „Schlump“, von ihm selbst erzählt. Kiepenheuer und Witsch, 348 S., 18,99 €.
Ein Ende, wie es seinem Helden Schlump nicht in den Sinn gekommen wäre. Der ist eine Mischung aus einem Simplicissimus und dem braven Soldaten Schweijk. Unbedarft meldet sich der 17-jährige Emil Schulz mit dem Spitznamen Schlump im allgemeinen Patriotismusrausch freiwillig zu den Waffen und gerät nach ödem Rekrutendrill an die Westfront. Das grausame Kriegsgeschehen schlägt sich nie auf sein Gemüt nieder, er ist der reine Tor, der durch den Granathagel schreitet und doch immer mit dem Leben davonkommt. In völlig lakonischem Ton erzählt er den ganzen Irrsinn, die Widersinnigkeit und Menschenverachtung dieses Krieges, dessen Anti-Programm auf zwei Beinen dieser Hans im Glück zwischen den Fronten ist. So heiterkritisch erzählt kein Buch sonst von dem Menschenschlachthaus Erster Weltkrieg.