Essen. . Roger Cicero blendet sein Leben nie aus, wenn es ans Schmieden von neuen Liedern und Texten geht. Zuletzt hatte er nicht nur Schönes zu verarbeiten. Er trennte sich von seiner langjährigen Gefährtin. Sein neues Album verarbeitet Geschichten von Niederlagen und Neuanfängen.

Das sind Texte, die klingen, als hätte jemand einen schweren Unfall überlebt. Mit ein bisschen Vorstellungskraft gilt das für Roger Cicero ja auch. Letztes Jahr hat er sich getrennt von der Frau, die Mutter seines Sohnes ist. Viel Scherben, dazu eine neue Liebe. Nur Zyniker sagen: guter Stoff für gute Songs.

Und doch stimmt in diesem Fall beides. Wenn heute „Was immer auch kommt“ (Warner, ca. 14€) erscheint , hören wir, wie nett es klingen kann, wenn man auf die Schnauze fällt und es mit dem Aufstehen unerwartet gut klappt. Fragen bleiben: „Komm ich mit dem, der ich mal war, eigentlich morgen noch klar?“

Er swingt den Leuten aus der Seele

Wie jedes Mal, wenn Cicero textet und singt, werden die einen ihn feiern, weil er ihnen aus der Seele swingt. Andere rümpfen schon vorher die Nase: Postpubertätslyrik und so. Nein, Banales meidet er bekanntlich nicht, es gehört halt dazu. Vielleicht liegt darum bei ihm öfter als bei so vielen anderen Barden reichlich Wahrheit in den federnden Rhythmen.

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Auch auf diesem Album ziehen Lebensepisoden im 3-Minutentakt vorbei: 13 Mal tun sie das. Geschichten von der neu erlernten Demut, vom Staunen, wie schnell die Glut kalt wird und davon, an wem man sich schuldig macht, wenn man als Eltern auseinandergeht.

Leichtfüßig komponiert

Jeder wird diese leichtfüßig komponierten Melancholien, in denen der bewährte Big-Band-Sound einem hörbar rücksichtsvollen (leider gelegentlich recht konfektioniert agierendem) Jazz-Ensemble gewichen ist, anders hören. Ein Mutmach-Album, weit entfernt vom naseweisen Psycho-Ratgeber, ist es ganz bestimmt. Weidet Cicero seine Geschichte also für Bar-Standards aus? Und wenn: wollen wir ihm vorwerfen, dass er aus dem Leben schöpft – schiefe Bilder („in Stein gegossen“) nicht ausgeschlossen?

„Das Leben ist auch nur ein Mensch“

Wie schnell es gehen kann (auf oder ab), wie einfach Glück ist (wenn man es erkennt): Man hört sie gern, Ciceros Einsichten von nebenan. Das Geniale am Schlichten, es liegt eben furchtbar nahe: „Das Leben ist auch nur ein Mensch.“