Berlin. . Der Film „Nymphomaniac“ des dänischen Regisseurs Lars von Trier sorgt für Aufregung auf der Berlinale. Beim Empfang der NRW-Landesregierung interessiert sich das Partyvolk kaum für die Reden.

Ob ich denn schon viele Autogramme gesammelt hätte, möchte eine Dame aus Arnsberg am Lesertelefon wissen, die dann allerdings selbst ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Nein, ein Autogrammjäger bin ich wirklich nicht. Trotz all der guten Möglichkeiten in diesen Tagen. Eine besonders gute wäre zum Beispiel der Berlinale-Empfang der NRW-Landesregierung gewesen.

Angesichts von fast 30 Berlinale-Produktionen, die die Film- und Medienstiftung NRW mit mehr als sieben Millionen Euro im vergangenen Jahr gefördert hat, waren gut 1200 dankbare, prominente und neugierige Gäste gekommen: Von Marie Bäumer bis Jessica Schwarz, von Ulrich Noethen bis Hannah Herzsprung, von Hannelore Elsner bis Mario Adorf. Auch von Schauspieler Joachim Krol habe ich kein Autogramm erbeten, ihm aber doch wenigstens die Hand geschüttelt und dabei mein Bedauern ausgedrückt, dass er nicht mehr als „Tatort“-Kommissar im Fernsehen ermittelt. Die Reaktion war typisch Krol: Ein sachtes, leicht verschmitztes Lächeln, ein kleines Blitzen in den Augenwinkeln und dann ein höfliches, fast schüchternes „Dankeschön“.

Lärmendes Partyvolk

Eigentlich war ich ja an diesem Abend mit der Hagener CDU-Bundestagsabgeordneten Cemile Giousouf beim NRW-Empfang verabredet, um mich ein wenig mit ihr über Kino-Interessen im Allgemeinen und erste Berlinale-Erfahrungen im Besonderen zu unterhalten. Doch die Nachwuchspolitikerin sagte leider ebenso kurzfristig ab, wie auch die eigentliche Gastgeberin selbst: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ließ sich wegen „dringender Verpflichtungen“ entschuldigen, und so hatte die Stiftungsgeschäftsführerin Petra Müller die ziemlich undankbare Aufgabe, gegen das hörbare Desinteresse des lärmenden Partyvolks ihre Begrüßung anzureden.

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Nicht jeder schätzt die Cineasten

Sie war wirklich zu bedauern, hatte andererseits aber auch nicht richtig viel zu sagen. Der Hagener SPD-Bundestagsabgeordnete Rene Röspel mag das vielleicht schon geahnt haben; er hatte die Einladung zum NRW-Filmtreffen gar nicht erst angenommen. Obwohl der Politiker durchaus ganz direkte Verbindungen zur Berlinale vorweisen kann: Vor 13 Jahren nämlich wurde beim Filmfestival eine Dokumentation über Ostpreußen gezeigt, in der Röspels Vater als Flüchtling eine wichtige Rolle spielte. Es war jedoch Röspels erster und bislang einziger Besuch der Berlinale. Ohnehin ist seine Filmbegeisterung nicht sonderlich ausgeprägt. Sein letzter Kinobesuch fand bezeichnenderweise im Legoland stand, ansonsten zieht es den Hagener nicht in die Welt der Cineasten.

Skandalregisseur im Blickpunkt

Das Gesprächsthema des NRW-Abends war dann übrigens nicht so sehr das erfolgreiche Filmschaffen zwischen Rhein und Ruhr, sondern vielmehr der Berlinale-Beitrag „Nymphomaniac“ des dänischen Skandalregisseurs Lars von Trier („Antichrist“) u. a. mit den Schauspielern Charlotte Gainsbourg, Christian Slater, Uma Thurman und Willem Dafoe. Der 57-jährige von Trier war 2011 bei den Filmfestspielen in Cannes wegen Nazi-Bemerkungen zur „unerwünschten Person“ erklärt worden.

Einschlägige Szenen

Bereits im Vorfeld als „pornografisch“ entsprechend werbewirksam angekündigt, enttäuschte der 145-minütige Streifen in diesem Sinne denn auch keine derart in ihn gesetzten Erwartungen. Die Fülle der freizügigen und freizügigsten Szenen sollen mit Profis aus der einschlägigen Genre-Branche gedoubelt worden sein; erkennbar war das allerdings nicht.

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Die Geschichte einer Frau, die an chronischem Sexhunger und ausgeprägter Gefühllosigkeit leidet, ist in der erotischen Literatur ja nicht gerade sonderlich originell und neu. Lars von Trier bemüht sich denn auch, mit allerlei filmtechnischen Tricks im Äußeren und einer doch etwas verquasten Philosophie-Anleihe im Inhaltlichen (immer wieder werden Vergleiche zwischen Sexpraktiken und der Fliegenfischerei herangezogen), das Geschehen über das bloße Maß des Voyeuristischen hinaus zu heben. Ob das wirklich als gelungen bezeichnet werden kann, ist eindeutig Geschmackssache.

Dass es in einem halben Jahr noch einen zweiten Teil von „Nymphomaniac“ geben wird, mag der grundsätzlichen Komplexität des Themas geschuldet sein. In Rumänien ist der Film jedenfalls vorsichtshalber schon einmal verboten worden.