Berlin. . Dem bosnischen Schrottsammler und Gewinner des „Silbernen Bären“ Nazif Mujic droht die Abschiebung. Eine öffentliche Petition und die Fürsprache der Berlinale sind die letzte Hoffnung für den Flüchtling und seine Familie. Vor der Presse sprach er jetzt über seine Situation.

„Ich würde mich lieber aufhängen, als zurückzukehren.“ Nazif Mujic meint es ernst: Der bosnische Schrottsammler, der als Darsteller seines eigenen Schicksals 2013 bei der Berlinale einen „Silbernen Bären“ gewonnen hatte, ist mit seiner Familie nach Deutschland gekommen, um zu bleiben. Weil sein Asylantrag abgelehnt wurde, versucht Mujic es jetzt mit einer öffentlichen Petition. Die Ber­linale steht hinter ihm: „Wir arbeiten an einem Happy End“, sagt Programmchef Thomas Hailer. Nicht jeder Flüchtling hat so einflussreiche Fürsprecher.

Der Fall des Bosniers zieht mittlerweile weite Kreise: Bei der Festivalleitung rufen Leute an, die Mujic helfen wollen, Jobs anbieten oder fragen, was sie für seine Familie tun können. Auch die Flüchtlingsexperten von Amnesty International und Pro Asyl haben sich eingeschaltet. Bosnien gilt als sicheres Herkunftsland, bosnische Roma wie Mujics Familie werden üblicherweise abgeschoben.

Nazif Mujics Familie darf nur noch so lange in Deutschland bleiben, bis der strenge Winter in Bosnien vorbei ist.

Enttäuscht und entwurzelt: In Bosnien wartet nur die Armut

Doch dort, wo sie herkommen, aus der Nähe von Tuzla, hat sich durch Mujics plötzlichen Ruhm alles verändert: Ein paar tausend Euro hat der ehemalige Schrottsammler für den Film bekommen, das Geld aber war schnell aufgebraucht.

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„Sie denken dort, ich sei reich, wegen des Berliner Bären“, sagt der 43-Jährige. Doch als die erste große Aufregung um den Preisträger nachgelassen hatte, stand er erbärmlicher da als zuvor. Enttäuscht, entwurzelt und wieder so bitterarm wie vorher. „Ich habe keine Chance dort.“ Die Petition, die Mujics deutsche Anwältin verfasst hat, führt „humanitäre Gründe“ an.

„Ich habe keine Lösung.“

Und wenn das alles nicht reicht? Am Tag nach der Eröffnungsgala der 64. Filmfestspiele sitzt Nazif Mujic im schwarzen Anzug und mit frisch geschnittener Frisur im Büro der Festivalleitung, hört die Frage und stockt kurz. „Ich habe keine Lösung“, sagt er dann. Nur zurück nach Bosnien, das will er auf keinen Fall: „Ich gebe den Preis gerne wieder ab, wenn sie mich dafür hierbleiben lassen.“ Hier in Deutschland, glaubt er, sei es nicht wichtig, ob einer Roma, Muslim, Bosnier oder Serbe sei. Das gefalle ihm. Ansonsten will er vor allem eins: ein normales Leben für sich, seine Frau und die drei Kinder.

Fortsetzung im wirklichen Leben

Am Donnerstagabend hat sich Mujic in seinen Anzug geworfen und ist zur Eröffnungsfeier der Berlinale gegangen. „Es war großartig“, sagt er und strahlt zum ersten Mal. „Die Leute haben mich erkannt.“ Noch zweimal will er in den nächsten Tagen zur Berlinale kommen, wenn sein eigener Film, die berührende Geschichte „Aus dem Leben eines Schrottsammlers“ von Danis Tanovic, wiederholt wird.

Die Fortsetzung dazu läuft jetzt im wirklichen Leben. Eine Hauptrolle spielt der Berliner Innensenator.