Berlin. . In Görlitz wurde der Eröffnungsfilm der Festspiele gedreht, „Grand Budapest Hotel“ – die Stadt ist Liebling der internationalen Filmszene. In diesem Jahr locken die Berliner Filmfestspiele mit jugendlichen Helden und prominenten Partygästen. Ein Ausblick.
Rente mit 63? Nicht für die Berlinale. Die Internationalen Filmfestspiele sind am Donnerstagabend ins 64. Jahr gestartet und sehen diesmal auffallend jung aus. Jeder dritte Film im Wettbewerb handelt von einem Kind oder einem Jugendlichen; junge Helden schlagen sich durch Flüchtlingslager, überleben in den Straßen von Berlin oder gehen durch die Abgründe der katholischen Kirche. Sie heißen Ramasan oder Jack, Maria oder Moustafa. Kinderfilme sind das nicht. Eher Augenöffner für Erwachsene.
Ramasan ist elf und lebt in einem Flüchtlingslager in Wien. Jack ist zehn und irrt mit seinem kleinen Bruder durch Berlin, auf der Suche nach seiner Mutter. Maria ist vierzehn und versucht nach den Regeln der streng katholischen Pius-Brüder zu leben. Und Zero Moustafa (Tony Revolori), der als Page im „Grand Budapest Hotel“ arbeitet, will vor allem eins: kein nordafrikanischer Kriegswaise mehr sein, sondern seinen Platz finden im zerrissenen Europa von 1932.
Mit Schlagseite zum Klamauk
Doch das wird schwierig. Die Tage der überteuerten Luxuswelt in Wes Andersons Eröffnungsfilm (Kinostart: 6. März) sind gezählt. Der europäische Faschismus zieht auf, ein Mörder geht um, raffgierige Erben reiben sich die Hände und Zeros Mentor, der Concierge Gustave (Ralph Fiennes), kommt mit seinem eigenwilligen Berufsethos und seiner unzeitgemäßen Menschlichkeit unter die Räder.
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Das hoch in den Bergen gelegene „Grand Budapest Hotel“ ist jedoch weder ein zweiter „Zauberberg“, noch Schauplatz eines soliden Geschichtsdramas. Wes Anderson erzählt seinen prominent besetzten Hotelkrimi wie eine exzentrische alte Dame: überspannt, ausschweifend, anspielungsreich, mit Schlagseite zum Klamauk. Das kann man mögen oder nicht, einen „Silbernen Bären“ aber hat der Film in jedem Fall verdient: für Görlitz als beste Hauptdarstellerin der Berlinale.
Weil die Stadt an der polnischen Grenze im Krieg kaum zerstört und zu DDR-Zeit aus Geldmangel kaum modernisiert wurde, ist ihr Vorkriegsgesicht sichtbar geblieben. „Görliwood“ nennen sie Görlitz, seit dort die internationalen Filmteams aufschlagen, um in den historischen Straßen und Häusern ihre Blockbuster über die NS-Geschichte zu drehen. Die Stadt taucht im „Vorleser“ auf und bei den „Inglourious Basterds“, Wes Anderson hat hier in einem ehemaligen Jugendstil-Kaufhaus sein Traumhotel gefunden und auch George Clooney hat Görlitz für sein alliiertes Kunstfahnder-Kommando „The Monuments Men“ gebucht – der Film feiert am Samstag seine internationale Premiere in Berlin.
Glamour bei der Berlinale
Die Hauptstadt macht eine schlechte Figur
Die Hauptstadt selbst dagegen macht ausgerechnet zur Berlinale wieder mal eine schlechte Figur: Letztes Jahr kam Klaus Wowereit als schwer angeschlagener Regierender Bürgermeister zur Eröffnungsfeier am Potsdamer Platz. Das Debakel um den Berliner Flughafen hatte einen neuen Tiefpunkt erreicht und „Wowi“ wackelte bedenklich im Amt.
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Dieses Mal steht der dienstälteste Landeschef nach der Steueraffäre und dem Amtsverzicht seines Kulturstaatssekretärs André Schmitz unter Beschuss – auch die Rücktrittsforderungen an Wowereit sind wieder da. Doch der Regierende ist weit weg: Er macht Skiurlaub in Tirol und schwänzt zum ersten Mal in seiner Zeit als wichtigster Gastgeber der Stadt die Berlinale-Eröffnung.
Das gemeinsame Essen mit der Festivaljury um Produzent und Drehbuchautor James Schamus („Brokeback Mountain“) will Wowereit nachholen, wenn er wieder da ist. Für Bond-Produzentin Barbara Broccoli oder Hongkong-Star Tony Leung dürfte das eher ein Pflichttermin sein. Auch Oscar-Preisträger Christoph Waltz, der letztes Jahr in der Jury von Cannes saß und dieses Jahr der einzige, über die Filmwelt hinaus populäre Juror der Berlinale ist, ist nicht zum Essen nach Berlin gekommen. Im Gegenteil. Was den Unterschied zwischen Berlin und Cannes ausmache, wird er am Eröffnungstag gefragt. „Der Strand.“ Und: „Das Essen in Cannes ist besser.“