Essen. . In Filmen wie „Das Schweigen der Lämmer“ wurden Profiler zu Helden. Eine Kino-Dokumentation erzählt jetzt vom wahren Leben ihrer Vorbilder. Doch Barbara Eders „Blick in den Abgrund“ bleibt auch an der Oberfläche.
Den beiden älteren Herren bereitet es sichtlich Vergnügen, sich noch einmal Jonathan Demmes berühmtes „Schweigen der Lämmer“ anzusehen. Kenntnisreich und mit einer gehörigen Portion Selbstironie kommentieren sie das Geschehen auf dem Bildschirm. Wer könnte das auch besser als Roger L. Depue und Robert R. Hazelwood, die pensionierten FBI-Profiler, die einst den Autor Thomas Harris mit Hintergrundwissen für seine „Hannibal Lecter“-Romane versorgten.
Eigentlich ist dieser Moment vor dem Fernseher nur ein kleines Zwischenspiel in Barbara Eders Dokumentation „Blick in den Abgrund“, die sechs Profiler und deren Arbeit porträtiert. Doch letztlich kommt die österreichische Filmemacherin dem komplizierten Wechselspiel von Wirklichkeit und Fiktion allein in dieser Szene nah. Ansonsten spielt sie einfach das eine gegen das andere aus.
Vieles bleibt erstaunlich oberflächlich
Gleich zu Beginn betont die forensische Psychologin Helinä Häkkänen-Nyholm, die Täterprofile für die finnische Kriminalpolizei erstellt, dass Film und Realität zwei getrennte Welten sind. Damit ist auch Barbara Eders Marschrichtung vorgegeben. Der Blick, den sie in den Abgrund wirft, gilt einzig und allein den Menschen, die sich professionell mit Serientätern beschäftigen, und bleibt erstaunlich oberflächlich. Die Verbrechen, die sie aufklären, kommen nur am Rande vor.
Die US-Amerikanerin Helen Louise Morrison, die davon überzeugt ist, dass es ein Gen des Bösen gibt, und deswegen zu Forschungszwecken verurteilten Serienmördern Elektroden ins Gehirn einpflanzen will, begleitet Barbara Eder bei deren Odyssee durch Gefängnisse und Kliniken. Morrisons fast schon ans Besessene grenzende Suche nach Ärzten und Gefängnisdirektoren, die sich auf Menschenversuche einlassen, zeugt dabei noch am ehesten von den Abgründen, die sich auch in Profilern auftun können. Abgründe, die der Südafrikaner Gérard Labuschagne und der Deutsche Stephan Harbort offenbar ausblenden.
Porträt trägt Züge der Fiktion
Das immer wieder ins Privatleben der Profiler abschwenkende Porträt wird letztlich selbst wieder zu einer Fiktion. Daran ändern auch Harborts Gespräche mit einem deutschen Serienmörder nichts. Gerade diese im Gefängnis gedrehten Szenen haben durch Barbara Eders Inszenierung, die in simpler Symbolik und einfallsloser Schnitt-Gegenschnitt-Montage an einen Sonntagabend-„Tatort“ erinnert, etwas Gestelltes. Wie so viele andere Gesprächsszenen des Films wirken sie extrem künstlich und unglaubwürdig.