Essen. . Michael Fassbender, Penelope Cruz, Javier Bardem, Cameron Diaz, Brad Pitt und Bruno Ganz – sechs Weltstars hat Regisseur Ridley Scott für den Thriller „The Counselor“ vor die Kamera bekommen. In den USA wurde der Streifen verrissen - zu Unrecht. Denn er ist kein schlechter Film.

Obwohl viel Prominenz für „The Counselor“ zusammengekommen ist, hat dieser Film in den USA fast flächendeckend schlechte Kritiken bekommen und wurde von den Zuschauern an den Kinokassen abgestraft. Das gilt es zu untersuchen, dem gilt es gegenzuwirken, denn ein schlechter Film ist es auf gar keinen Fall. Er bricht nur mit ein paar abgenutzten Regeln.

Zusatzeinnahmen sind willkommen

Die Story setzt an einem sonnigen Morgen unter einer Bettdecke ein. Hier liebkosen sich Michael Fassbender als der Counselor, ein Anwalt aus El Paso, der offenbar keinen Namen hat, und Penelope Cruz als die Frau, die er liebt und bald heiraten wird.

Charmant und gekonnt beschert er ihrem empfindsamen Körper höchste sinnliche Genüsse. Als sie den Counselor fragt, warum er das so gut kann, sagt er: „Ich habe einige sehr böse Mädchen gekannt.“ Der Counselor kennt aber auch einige sehr böse Jungs. Da ist etwa der neue Geschäftspartner Reiner (Javier Bardem mit kirrer Frisur), mit dem der Counselor einen Club eröffnen will. Weil das aber viel Geld kostet, wäre eine Zusatzeinnahme willkommen.

Über eine Mandantin im Gefängnis (Rosie Perez) und Reiners Kontakte soll ein Drogendeal eingefädelt werden, der eine größere Lieferung von Mexiko in die USA beinhaltet. Der zuständige Verbindungsmann ist ein gewisser Westray, der den Counselor ausdrücklich vor Geschäften mit dem Drogenkartell warnt: „Sie glauben vielleicht nicht, dass es Dinge gibt, die diese Leute einfach nicht tun würden. Aber dem ist nicht so.“ Handlungsspielraum hat der Counselor kaum, denn er kaufte seiner Freundin einen Diamanten und ist nun knapp bei Kasse. Das Drogengeschäft läuft an, und es läuft aus dem Ruder, denn plötzlich ist die Lieferung verschwunden.

Cameron Diaz ist das böse Mädchen - und aufregend gut in der Rolle

Ridley Scott drehte „Alien“, „Blade Runner“, „Gladiator“, Cormac McCarthy schrieb die Vorlage zu „No Country for Old Men“. Das daraus sich ableitende Versprechen auf extrem gut gestaltete Bilder, raffinierte Dialoge und unberechenbare Szenen wird voll und ganz eingelöst, wenn vorzügliche Schauspieler sich an luxuriösen Schauplätzen zum Gespräch treffen und Dinge erzählen über Sex und Gewalt, die man so noch nicht gehört hat.

Cameron Diaz spricht eher wenig. Sie ist das böse Mädchen und sie ist aufregend gut in dieser Rolle. Auf dem Rücken trägt sie das Tattoo eines Leoparden. Alles wirkt eine Spur überhöht; zu schick, zu schön, zu ziseliert, um wahr zu sein. Der Schein aber trügt, denn hinter den Kulissen wird bereits in beinah dokumentarischer Nüchternheit intrigiert und gemordet und man fragt sich, wieso der Titelheld passiv bleibt.

Und das ist das Interessante, Verstörende an diesem Film. Der Held tut erst das Falsche, dann tut er zu wenig und schließlich kann er rein gar nichts mehr tun. Man hat sich daran gewöhnt, dass es grundsätzlich anders herum läuft. Deshalb versinkt man als Zuschauer immer mehr in eine Position des Ausgeliefertseins, weil der Held und alle ihm Nahestehenden von mächtigeren, gerisseneren Kräften verschluckt werden. Dem aktuellen Kino ist solches fremd. In den 40er-Jahren gab es Filme wie „Frau ohne Gewissen“ oder „Goldenes Gift“, die genau das Unabsehbare zelebrierten. Heute sind sie Klassiker.
Wertung: 4 von 5